Sol Gabetta hat gerade einen Monat mit 16 Konzerten hinter sich, und der Journalist wartet mit einem Buch voller Fragen. Kein Problem für sie: «Ich war sehr müde, als ich letzte Woche heimkam, aber gleichzeitig war ich auch fit wie eine Sportlerin, weil ich jeden Tag auf dem Cello trainiert hatte.»
Sowieso ist sie mittlerweile in einem neuen Stadium ihres künstlerischen Weges angekommen – und das hat nichts damit zu tun, dass ihr Sohn mittlerweile sechs Jahre alt ist: «Ich suche heute nicht mehr Quantität, sondern mehr Qualität, ich will nur noch meinen Zugang zu den Werken verbessern. Es hat weniger mit meinem Alter, als vielmehr mit meiner künstlerischen Erfahrung zu tun. Die Tourneen sind nicht weniger anstrengend als früher, und trotzdem lebe ich bestens mit der Familie.»
«Ich muss eine innere Freude behalten
Wenn sie etwa wieder Robert Schumanns Cellokonzert spiele, wie gerade auf Tournee mit dem Dirigenten Paavo Järvi, dann muss sie eine Entwicklung sehen: «Dirigent und Orchester müssen zu mir passen und ebenfalls etwas erreichen wollen. Sonst nehme ich diese Konzerte nicht mehr an. Es gibt Stücke, die ich jahrelang nicht spiele, da ich das Gefühl habe, dass ich dem Werk keine eigene Stimme geben kann. Ich muss eine innere Freude behalten und jedes Konzert nach wie vor als Erlebnis sehen.»
Und somit kann sie mittlerweile ihre Arbeit, das Musikmachen, besser geniessen als früher: «Jeder Abend besitzt eine innere Kraft. Mich interessieren auch Feinheiten – das geht bis in die Beleuchtung, mit der wir am Pfingstfestival in Lugano experimentierten. Es ist ein Geschenk, für das ich dankbar bin.» Neben Paris bleibt Basel eine Heimat für sie – und natürlich das aargauische Olsberg. Dort hat sie ihr Festival, das mittlerweile die Fühler auch nach Rheinfelden und ins deutsche St. Peter ausgestreckt hat.
Die zahlreichen Freunde der verwunschenen Kirche in Olsberg können allerdings beruhigt sein, bleibt es doch Zentrum des Festivals: «80 Prozent der Konzerte finden dort statt.» Und so spricht sie sich auch gegen Pläne aus, das Festival auszubauen, obwohl die Frage aufgrund des enormen Erfolgs immer wieder auftaucht. Sie winkt ab, wünscht sich, dass es ein Boutique-Festival bleibt. Interessieren würde sie hingegen der Aufbau einer Akademie für junge Musiker, hat sie doch am eigenen Festival erkannt, wie schwierig es ist, die Karten für die Reihe «Young Artists» zu verkaufen.
Trotzdem hält sie daran fest. Früher sei das anders gewesen: «Als man mich 2001 in Luzern entdeckte, waren solche Konzerte bestens besucht. Es gab mehr Neugierde, junge Künstler zu erleben. Es ist mein Glück, in dieser Zeit in die Klassikwelt gekommen zu sein. Heute traut man uns Festivalmachern weniger zu, dass wir tatsächlich gute Leute bringen.»
Solsberg Festival
Do, 29.6.–Fr, 7.7. Olsberg AG und Rheinfelden AG St. Peter (D)
www.solsberg.ch
Sol Gabettas Kulturtipps
Ausstellung - Werner Bischof: Unseen Colour, MASI Lugano
«Eine wunderbare Ausstellung des grossen Fotografen in einem tollen Ausstellungsgebäude.»
Bis So, 16.7.
Ferien-Kulturort - Giorgio Cini Foundation, Venedig
«Ein Blick über die Grenze? Der Besuch der Cini Foundation in Venedig auf der Insel San Giorgio Maggiore ist ein Traum: Allein schon das Kloster von Palladio und sein Garten lohnen den Besuch. Es gibt zahlreiche Extraveranstaltungen.»
Ferien-Festival - Festival Ravel, Saint-Jean-de-Luz
«Warum auf der Frankreichreise nicht einen Abstecher ans Festival Ravel in Saint-Jean-de-Luz machen? Da gibt es aussergewöhnliche Konzerte in den baskischen Kirchen am Meer – und wunderbares Essen dazu.»
Mi, 23.8.–Sa, 9.9.