Schweizer Mundartrock ist nicht in jedem Fall hittauglich. Umgekehrt gibt es Hits, die nach kurzem Erfolg in der Versenkung verschwinden. Sina hat stets den goldenen Mittelweg geschafft. Ihre bisher zehn Alben sind neunmal mit Gold und zweimal mit Platin ausgezeichnet worden. Und nach 20 Jahren im Geschäft ist die 48-jährige Walliserin mit Wahlheimat Zürich so kreativ und beliebt wie kaum zuvor.
«Tiger & Reh» wird an dieser Erfolgsstory kaum etwas ändern. Und wenn, dann im positiven Sinne. Sinas elftes Album versammelt Songs mit Ohrwurm-Qualität – dank eingängigen Melodien und Arrangements zwischen Balladenpop, urigem Folk, Softrock und Afrogrooves. Hinzu kommen träfe Texte in clever abgeschliffenem – und damit verständlichem – «Wallisertiitsch». «Wartu uf ds Glick» wird als erste Single-Auskoppelung die Radio-Airplays erobern. Auch die meisten anderen Songs werden den anbrechenden Frühling bis in den Sommer hinein beschallen.
Mit Tiefgang
Wohlgemerkt: Das besungene «Glick» ist ein ersehntes. Der Titelsong «Tiger & Reh» erzählt von einer nicht nur fröhlichen Liebesgeschichte, und «Där Himmel ob miär» geht sogar richtig an die Nieren. Genau mit solchen Songs aber trifft Sina den Nerv ihres Publikums; ihr Erfolg gründet weder in reinen Feelgood-Songs noch im Walliser Exotenbonus. Texte und Musik haben Tiefgang und überzeugen durch eine bunte Vielfalt.
Das war nicht immer so. Die 1966 in Visp geborene Ursula Bellwald startete ihre Karriere als Schlagersängerin. Mit Erfolg, aber offenbar doch halbherzig, denn mit ihrem ersten Album «Sina» vollzog sie eine Wandlung hin zum rauen Mundartpop. Mit «Där Papa isch äs Chorbi gsi», ihrer Adaption des Soulsongs «Papa Was A Rollin’ Stone», startete sie bereits 1999 national durch. Es folgte Album nach Album, und bald war Sina auch auf Theaterbühnen in Zürich und Bochum zu sehen. Sie sang mit Les Mystère des Voix Bulgaires, komponierte Filmmusik – und spannte mit ihrer «Landsfrau» Erika Stucky für versponnene Bühnenshows zusammen.
Kollektivprojekt
An all diesen Projekten wuchs Sina zur multiplen Künstlerpersönlichkeit. Und Schalk wie doppelbödige Texte sind ebenso zu ihrem Markenzeichen geworden wie ihre Stimme, die so sanft umschmeichelnd klingen kann wie kraftvoll röhrend.
Auch «Tiger & Reh» ist ein Kollektivprojekt, für das Sina die Erfolgsproduzenten Thomas Fessler und Adrian Stern gewinnen konnte. Als Co-Autor für Text und Musik wirkte ihr Ehemann Markus Kühne, Texte schrieben zudem Ralf Schlatter, Christoph Trummer und Sinas einstige WG-Partnerin Sibylle Berg. Als Gäste im Studio wirkten etwa Sängerin Corin Curschellas, Pianist Hendrix Ackle, Cellist Nicola Romanò oder Alphornbläserin Eliana Burki mit. Mit ihrer Live-Band – Multiinstrumentalist Peter Wagner, Gregor Heini an diversen Saiten, Bassist Michael Chylewski und Drummer Simon Kistler – geht Sina nun auf Tournee.
CD
Sina
Tiger & Reh
(Muve 2015).
Konzerte
Fr/Sa, 13.3./14.3., 20.30 Stadtkeller Luzern
Fr, 20.3., 20.30 Moods Zürich
Sa, 21.3., 20.30 Salzhaus Brugg AG
Weitere Termine unter www.sina.ch/de/live