Schwarze Sonne
Finnland steht an der Frankfurter Buchmesse im Fokus. Und der Dörlemann Verlag gibt einen Erzählband der Finnin Raija Siekkinen erstmals auf Deutsch heraus.
Inhalt
Kulturtipp 21/2014
Babina Cathomen
Eine schwarze Sonne verdüstert in den Erzählungen von Raija Siekkinen das Leben ihrer Protagonistinnen.
Manchmal schleicht sich das Unbehagen langsam ein: «Das Leben hatte eine Falle aufgestellt, von deren Existenz ich erst wusste, als es zu spät und die Falle zugeschnappt war», hält die Ich-Erzählerin in der Geschichte «Die schwarze Sonne» fest. Das grosse Verstummen, das beim Bau des neuen Heims in der Beziehung einkehrt, ist ...
Eine schwarze Sonne verdüstert in den Erzählungen von Raija Siekkinen das Leben ihrer Protagonistinnen.
Manchmal schleicht sich das Unbehagen langsam ein: «Das Leben hatte eine Falle aufgestellt, von deren Existenz ich erst wusste, als es zu spät und die Falle zugeschnappt war», hält die Ich-Erzählerin in der Geschichte «Die schwarze Sonne» fest. Das grosse Verstummen, das beim Bau des neuen Heims in der Beziehung einkehrt, ist ein schlechtes Vorzeichen – einen Ausweg aus dem vorgespurten Weg sieht sie dennoch nicht. Andere Protagonistinnen in den zehn kurzen Erzählungen erleben hingegen eine Zäsur, die ihr Leben verändert: Der Tod des Ehemannes wirft eine ältere Frau aus der Bahn, eine andere kämpft mit der Erinnerung an eine längst vergangene Affäre ihres Mannes.
Raija Siekkinen (1953–2004) gehörte in Finnland zu den bekannten Autorinnen. In ihrem 1991 erschienenen Erzählband «Wie Liebe entsteht», der nun erstmals auf Deutsch erschienen ist, umkreist sie das moderne Paarleben aus weiblicher Perspektive. Die Autorin ist eine Meisterin der Zwischentöne. Meist schwingt in ihren Erzählungen Desillusionierung mit: Die Beziehungen, die ihre Protagonistinnen führen, sind nur noch in der Erinnerung oder im Traum schön. Melancholie durchweht das Paarleben – und im schlimmsten Fall eine klirrende Kälte, wie sie den finnischen Wintern eigen ist, in denen die Erzählungen oft spielen.
Finnische Literaturtage
Im Hinblick auf das Ehrengastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse (Mi, 8.10.–So, 12.10.) lädt das aargauische Städtchen Zofingen finnische Autorinnen und Autoren zu den Literaturtagen ein. Auf dem Programm stehen etwa eine Lesung mit Mooses Mentula zum Thema «Wankendes Familienidyll in Lappland» oder die Podiumsdiskussion «Der Tod und das Mädchen» mit den jungen Autorinnen Selja Ahava, Katja Kettu und Riikka Pulkinnen. Eine Podiumsdiskussion zum Thema «Sind Finnen denn wirklich schlauer?» erörtert die Frage, ob die langen, dunklen Winter oder das Schulsystem die Finnen zu Bücherwürmern machen. Für musikalische und kulinarische Genüsse ist ebenfalls gesorgt.
Finnische Literaturtage
Zofingen AG
Fr, 17.10.–So, 19.10. www.literaturtagezofingen.ch
Raija Siekkinen
«Wie Liebe entsteht»
Aus dem Finnischen übersetzt von Elina Kritzokat
176 Seiten
(Dörlemann 2014).