Schattenmensch im Ghetto
Der Westschweizer Basil Da Cunha erzählt in seinem Kinodebüt «Até ver a luz» eine eindringliche Nacht-Geschichte aus Lissabon.
Inhalt
Kulturtipp 14/2014
Urs Hangartner
Sombra (Pedro Ferreira) ist ein Nacht- und Schattenmensch. Nicht freiwillig. Der Mann mit der Zottelfrisur leidet an einer seltsamen Krankheit. Tageslicht erträgt er nicht. Eben erst ist er aus dem Gefängnis entlassen worden und haust als Einzelgänger in einer bescheidenen Absteige, ohne fliessendes Wasser, ohne Strom. Sein einziger Gefährte, der mit ihm die Behausung teilt, ist ein Leguan, den er abwechselnd «Drache» oder «Krokodil» nenn...
Sombra (Pedro Ferreira) ist ein Nacht- und Schattenmensch. Nicht freiwillig. Der Mann mit der Zottelfrisur leidet an einer seltsamen Krankheit. Tageslicht erträgt er nicht. Eben erst ist er aus dem Gefängnis entlassen worden und haust als Einzelgänger in einer bescheidenen Absteige, ohne fliessendes Wasser, ohne Strom. Sein einziger Gefährte, der mit ihm die Behausung teilt, ist ein Leguan, den er abwechselnd «Drache» oder «Krokodil» nennt.
Sombra lebt in Reboleira, einem heruntergekommenen, ghetto-artigen Viertel in Lissabon. Hier wohnt die kreolisch sprechende Immigranten-Gemeinde von den Kapverden. Hier regiert die Gewalt. Drogen-Gangs haben das Sagen. Etwa jene von Anführer Olos. Sombra ist auf einer unteren Stufe ebenfalls beteiligt. Er schuldet Olos Geld und hat auch welches zugute. Um dem einen die Schulden zurückzuzahlen, muss er beim andern das Geld eintreiben.
Todesahnung
Da passiert es: Sombra wird fälschlicherweise als Mörder eines Gangmitglieds verdächtigt und von Olos’ Leuten gejagt. Er muss sich verstecken. Seiner Nachbarin, dem tierliebenden kleinen Mädchen Clarinha, vertraut er an: «Ich gehe ganz weit weg und komme nie wieder.» Und: «Geh mit dem Drachen morgen an die Sonne.» Eine Todesahnung sucht ihn heim. Vorher besucht er auf den Rat seiner Tante hin Dr. Julio, der seinen «verhexten Körper» befreien soll. Der seltsame Doktor praktiziert eine Art Teufelsaustreibung mit Feuer-Hokuspokus. Für Sombra wird die Todesahnung schliesslich zur Gewissheit.
«Até ver a luz» («Bis du das Licht siehst») ist der erste Langspielfilm des 1985 geborenen Basil Da Cunha. Der Westschweizer mit portugiesischen Wurzeln hat seine Hochschul-Abschlussarbeit mit Laiendarstellern inszeniert und sie viel improvisieren lassen. Das mutet geradezu dokumentarisch an. Der Film mag inhaltlich mitunter etwas irritierend wirken – aus der eindringlichen Atmosphäre der Nacht zieht er einen besonders starken Reiz.
Até ver a luz
Regie: Basil Da Cunha
Ab Do, 3.7., im Kino