Das soll klug und lustig sein? Keiner der Literaturkritiker verstand den Witz in Vicki Baums Komödie «Pariser Platz 13». Das Stück, das 1930 an der Berliner Bühne Premiere feierte, mischt Werbeanzeigen, Zeitungsberichte und Zitate aus ihren eigenen Artikeln, die sie für Ullstein-Magazine verfasst hatte: Über Mode, Schönheitssalons und die damals so populären Verjüngungskuren. Erst 2006, als das Stück in Buchform erschien, erkannte man, dass es sich um Satire handelte – auf die Ullstein-Modewelt ebenso wie auf Vicki Baums eigene Arbeit für den Verlag. Mit scharfzüngigen Worten nimmt sie das Streben nach ewiger Jugend und die Oberflächlichkeit der Modewelt ins Visier und persifliert den damals existierenden und heute noch aktuellen Schönheitswahn.
Erfolg in Hollywood
Vicki Baum, 1888 in Wien geboren, schrieb Weltbestseller wie «Stud.chem. Helene Willfüer» (1928) oder «Menschen im Hotel» (1930), mit Greta Garbo verfilmt. 1932 wanderte sie in die USA aus, ein Jahr später verboten die Nationalsozialisten ihre Bücher; sie verstarb 1960 als erfolgreiche Schriftstellerin in Hollywood.
Zu jener Zeit jedoch traute man Frauen nicht mehr als seichte Unterhaltung zu, wie der geschichtlich-literarische Überblick im Zürcher Strauhof zeigt. Die Wiener Kuratorin Evelyne Polt-Heinzl geht in der Ausstellung den Gründen für mangelnde Anerkennung nach. Anhand von knappen Autorinnenbiografien und Werkauszügen wird ersichtlich, wie schwer der Eintritt für Frauen in den Literaturbetrieb war. «Es soll keine Literaturgeschichte der Frauenliteratur sein», sagt Evelyne Polt, «es geht um die Denkmuster. Darum, wie man über Autorinnen sprach und spricht – despektierlich, erotisierend oder gar nicht.»
Wie das Beispiel der deutschen Schriftstellerin Sophie von La Roche (1730–1807) zeigt. «In einem kleinen Ratespiel gilt es herauszufinden, ob die vorgelegten Zitate aus ihrem Roman ‹Geschichte des Fräuleins von Sternheim› (1771) oder aus Goethes ‹Wilhelm Meisters Lehrjahre› (1795) stammen», sagt Polt. Goethe habe sich bei La Roche bedient. Er ist weltberühmt, sie ist heute nahezu unbekannt.
Ausstellung
«Gruppenbild mit Damen. Autorinnen zum Wiederentdecken»
Bis So, 24.11.
Museum Strauhof Zürich
Das «Fräuleinwunder»
Seit den 1970ern sind immer mehr Autorinnen in der Literaturszene präsent, das Theater dominieren sie inzwischen sogar. «Es war wie ein ‹Wunder›, als um die Jahrtausendwende das deutsche Feuilleton den Begriff des ‹Fräuleinwunders› wieder auspackte», sagt Evelyne Polt. Der Begriff brachte sie auf die Idee, den harten Weg nachzuzeichnen, den Autorinnen der letzten drei Jahrhunderte gehen mussten, um im Literaturbetrieb endlich die ihnen zustehende Anerkennung und Chancengleichheit zu erkämpfen. Beispiele sind: Die Österreicherin Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916), die französische Dichterin Louise Colet (1810–1876) oder die deutsch-ungarische Schriftstellerin Christa Winsloe (1888–1944).