An den Tischen der Kammgarn-Gartenbeiz wird gerne lautstark diskutiert. Im Mai, wenn im beliebten Schaffhauser Kulturzentrum das Jazzfestival gastiert, erklingen diese Debatten in babylonischem Sprachenmix. Erstaunlich, denn an diesem seit 1990 ausgetragenen Musikanlass spielen ausschliesslich Schweizer Bands. Doch auch Jazzer folgen der Globalisierung und tun sich mit Kollegen aus aller Welt zusammen. Zudem gilt das helvetische Jazzschaffen als besonders innovativ, was seit jeher ausländische Fans nach Schaffhausen lockt.
Schweizer Jazzer treffen auf alpine Folklore
Für den Auftakt zur anstehenden 30. Ausgabe laden die Veranstalter ihr Publikum freilich in andächtigere Sphären als die ehemalige Textilfabrik. Im Münster zu Allerheiligen, dessen Kreuzgang das Festival bereits 2013 bespielte, wird das Jubiläum effektvoll eingeläutet. Der Berner Saxofonist Marc Stucki bringt den sakralen Raum mit einer Soloperformance zum Hallen. Dann tut er sich mit Brassband, Jodlern und Alphornspielern zusammen: «Consonare – Resonare» heisst das Stück, das der Luzerner Komponist Stephan Hodel eigens für diesen Anlass geschrieben hat. Es zelebriert die Eigenart von Schweizer Jazzern, sich Elementen alpiner Folklore anzunehmen.
Solcherlei Spielereien werden während des ganzen Festivals aufblitzen, wenn Bands aus allen Landesteilen ihre neuen Programme vorstellen. Seiten- und Rückblicke besonderer Art bieten zwei Namen, die sich von Lausanne und Zürich aus in die weite Welt des Jazz aufmachten und heute international bekannt sind. Pianistin Sylvie Courvoisier bringt aktuelle Klänge ihrer Wahlheimat Brooklyn an den Rheinfall. Ihr «Nachbar» Daniel Schnyder – auch er lebt in New York – holt sich einen «alten Europäer» in die neue Welt und betitelt sein Projekt mit «Händel in Harlem». Die beiden New Yorker spielten bereits früher in Schaffhausen, was im neuen Online-Archiv des Festivals eruiert werden kann.
Neu mit audiovisueller Installation
Als weitere Neuerung gastiert das Schaffhauser Jazzfestival erstmals mit einer audiovisuellen Installation in den ehemaligen Hallen für Neue Kunst. Radio SRF 2 Kultur sendet am Freitagabend live, nimmt aber alle Kammgarn-Konzerte auf und strahlt sie später im Jahr aus.
Schaffhauser Jazzfestival
Mi, 22.5.–Sa, 25.5. Kammgarn und andere Orte Schaffhausen
www.jazzfestival.ch
Radio
Fr, 24.5., 21.00 SRF 2 Kultur
Live aus Schaffhausen
Festival-Archiv neu online
Das Archiv des Schaffhauser Jazzfestivals ist ab 22. Mai online einsehbar. Die Hochschule Luzern hat es, zusammen mit der Schweizerischen Nationalphonothek Lugano und Schweizer Radio und Fernsehen SRF, in zweijähriger Arbeit digitalisiert und katalogisiert. Jazzinteressierten stehen rund 2500 Stunden Ton- und Videoaufnahmen, über 3000 Künstlerbiografien, Bilder, Medienberichte und Plakate zur Verfügung. «Das Archiv dokumentiert Jazz und Improvisierte Musik der Schweiz seit den frühen 1990er-Jahren in einer Vollständig-keit, wie sie sonst nirgends zu finden ist», sagt Projektleiter Thomas Mejer, der bereits das Online-Archiv des Jazzfestivals Willisau auf-baute. (fn)
www.archivjazzfestival.ch