Kuttel Daddeldu hiess eine seiner Kunstfiguren, und wenn Joachim Ringelnatz von ihr erzählte, tat er das auf eine Weise, die zur kindlich-zärtlichen Namensgebung passte. Zeitlebens ein Kindskopf, Sprücheklopfer und Ironiker, war Ringelnatz selbst eine Kunstfigur. Auf die Bühnen des Münchner Simplicissimus’ oder des Berliner Kabaretts Schall und Rauch trat er im Matrosenanzug, und mit seinem Künstlernamen Ringelnatz spielte er auf Seepferdchen an, seine Maskottchen (s. S. 20).

Als Matrose befuhr der gebürtige Leipziger Hans Gustav Bötticher tatsächlich die Weltmeere. Wenn er nicht gerade als De­korateur, Schlangenträger oder Wahrsagerin (!) arbeitete. Ein unermüdlich Umherziehender, erfolglos Dichtender und Malender, litt Ringelnatz seit Kindheit an Selbstzweifeln, Demütigungen, selbst Hunger. Und als er endlich kleine Erfolge feierte, fegten ihn die Nazis von den Bühnen und verbrannten seine Bücher. Dabei war Ringelnatz kein politischer Mensch, sondern ein feinsinniger Dichter und Maler, der vor allem dem Humor verpflichtet war. Höchste Zeit, an ihn zu erinnern und ihn wiederzulesen.  

Buch
Joachim Ringelnatz
«Gedichte und Prosa»
160 Seiten
(Diogenes 2011).

CD
Ringelnatz
Ein liederlicher Unterhaltungsabend mit Wolfram Berger & Jürg Kienberger
(Tudor 2014).

Radio
Mi, 12.11., 20.03 Radio SRF 1
«Spasspartout»: Ringelnatz zum 80. Todestag