Die Bedeutung der Galerie 94 lässt sich am Postkartenständer beim Eingang ablesen. Im Format A6 strahlen einem da Zak van Biljons Infrarotfotos oder Chrissy Anglikers plastische Ölgemälde entgegen – zwei von vielen Künstlerinnen und Künstlern, die Sascha Laue schon einem breiten Publikum bekannt gemacht hat. Der Galerist lässt an einem Mittwochnachmittag selbst kurz den Blick über die Postkarten schweifen: «Ich stelle Kunst aus, die ich auch in mein eigenes Wohnzimmer hängen würde.»
Das Merker-Areal im aargauischen Baden. Draussen sind eben die letzten Sirenen des jährlichen Tests verstummt. Vielleicht aus Rücksicht auf die Kunst an den Wänden der Galerie 94: die Serie «Silence» des japanischen Fotografen Yasuhiro Ogawa. Auf einem Ausstellungsrundgang ist Laue vor einigen dieser stillen Farbfotografien stehen geblieben: Krähen über einem verschneiten Acker, ein einzelner Kunde in einem Imbisslokal. «Das sind zwei meiner Favoriten», sagt er. «Ogawas Fotografie entspricht mir sehr – ich mag die spannenden Stimmungen.»
Laues Galerie für Fotografie und zeitgenössische Kunst feiert dieses Jahr ihren zehnten Geburtstag. In der Badener Kunstszene ist er aber schon viel länger präsent. Während der Lehre als Hochbauzeichner begann Laue, zu fotografieren. Später gründete er zusammen mit Kollegen eine erste erfolgreiche Fotogalerie.
«Es ist nun mal meine Leidenschaft»
Mit der Galerie 94 hat er sich längst einen Namen über die Schweizer Grenzen hinaus gemacht. Einfach war das nicht immer. Laue musste schon private Fotoschätze verkaufen, um sein Herzensprojekt über Wasser zu halten. «Aber es ist nun mal meine Leidenschaft. Mit Betonung auf Leiden», sagt er etwas verschmitzt. Später im kleinen Showroom der Galerie: Sascha Laue zeigt Arbeiten eines jungen Badener Künstlers, den er seit Kurzem vertritt.
«Ich organisiere gerne Ausstellungen, aber es sind vor allem der Austausch mit Kunstschaffenden und der Kontakt zum Publikum, die mir viel geben.» Laue arbeitet auch als freischaffender Architekt. «Die Stellenprozente verteilen sich etwa im Verhältnis 60 zu 60», witzelt er. Laue kokettiert nicht: Bis zu sechs Ausstellungen organisiert er jährlich. Bald steht eine Jubiläumsschau mit Buch an. Zudem ist der Galerist an einem der grossen Namen der jüngeren Fotografiegeschichte dran. Aber das ist noch geheim.
Zurück im Entrée fällt das Gespräch auf seine eigenen Arbeiten. Laue holt eines seiner Fotobücher hervor: Schwarz-Weiss-Aufnahmen von menschenleeren, japanischen Stadtlandschaften. «Meine Fotografie leidet etwas unter der Galerie, das nervt mich manchmal.» Während Sascha Laue das sagt, zeigt ein Bildschirm an der Wand Fotografien vom Aufbau der Ogawa-Ausstellung. Unermüdlich arbeitet da Laues digitales Alter Ego. Ein Galerist rastet eben nie.
Yasuhiro Ogawa – Silence
Bis Sa, 1.3.
Galerie 94 Baden AG
Sascha Laues Kulturtipps
Festival
One of a Million Festival
«Ich entdecke immer wieder neue tolle Bands, Musikerinnen und Musiker. Die vielen unterschiedlichen Spielorte sind auch spannend.»
Bis Sa, 15.2.
Verschiedene Orte Baden AG
www.ooam.ch
Album
Róisín Murphy: Overpowered (EMI 2007)
«Bei Konzerten von Róisín Murphy komme sogar ich ins Tanzen!»
Buch
Anton Corbijn: 1-2-3-4 (Prestel 2018)
«Eine wunderbare Übersicht der Arbeiten des niederländi-schen Fotografen und Regisseurs. Leider ist mein Lieblingsbuch ‹Famouz – Photographs 1975–88› vergriffen.»