Sarah Kuttner: «Auf bockige Art authentisch»
Sarah Kuttner erzählt in ihrem vierten Roman «Kurt» unverblümt und humorvoll von Trauer und Trost.
Inhalt
Kulturtipp 11/2019
Letzte Aktualisierung:
20.05.2019
Bekannt ist sie für ihre Berliner Schnauze: In ihren Büchern schlägt die 40-jährige TV-Moderatorin und Autorin Sarah Kuttner aber auch leisere Töne an. Und sie geht – in salopper Alltagssprache – Themen wie Depression («Mängelexemplar») oder Angst vor dem Erwachsenwerden («Wachstumsschmerz») auf den Grund. In ihrem vierten Roman «Kurt» wagt sie sich nun wieder in ein dunkles Gebiet vor und konfrontiert ihre Protagon...
Bekannt ist sie für ihre Berliner Schnauze: In ihren Büchern schlägt die 40-jährige TV-Moderatorin und Autorin Sarah Kuttner aber auch leisere Töne an. Und sie geht – in salopper Alltagssprache – Themen wie Depression («Mängelexemplar») oder Angst vor dem Erwachsenwerden («Wachstumsschmerz») auf den Grund. In ihrem vierten Roman «Kurt» wagt sie sich nun wieder in ein dunkles Gebiet vor und konfrontiert ihre Protagonisten mit dem Tod eines Kindes.
Ende eines idyllischen Patchwork-Familienlebens
Im Mittelpunkt steht eine Patchwork-Familie, erzählt aus der Perspektive der Journalistin Lena, die mit ihrem Freund Kurt und dessen Sohn in ein «rumpeliges Haus» in Berlin Oranienburg zieht. Der «kleine Kurt» ist ein aufgeweckter Junge, der am liebsten mit Matchboxautos spielt und ohne Murren zwischen dem Heim seines Vaters und dem der Mutter Jana pendelt. Der erste Teil des Romans handelt von Lenas Unsicherheit, sich in ihrer neuen Rolle als «Stiefmutter» zurechtzufinden. Mit viel Humor und Sprüche-Klopfen meistert sie die ungewohnte Situation, und langsam stellt sich ein nahezu idyllisches Patchwork-Familienleben ein. Doch dann geschieht «ganz leise und unspektakulär» das Unfassbare: Der kleine Kurt stirbt bei einem Unfall. Und der «grosse Kurt» igelt sich in seinem Schmerz ein, entfremdet sich immer mehr von Lena, die nicht recht weiss, wie sie seiner grenzenlosen Trauer gegenübertreten und ihren eigenen Schmerz verarbeiten soll.
Sarah Kuttner schafft es, diese grosse Tragödie mit Feingefühl, gar mit Humor, zu erzählen. Sie geht nah heran an die Menschen und schreibt, wie ihr der Schnabel gewachsen ist, unverblümt und unprätentiös. Dadurch fängt sie ganz und gar authentisch den Alltag und die Gespräche von Berlinern der Netflix-Generation ein – und vermag auch Ausnahmesituationen mit derselben Leichtigkeit abzubilden. «Schonungslos ehrlich liegt mir. Ich will, dass es weh tut, und ich will, dass es realistisch weh tut», sagte Kuttner in einem Interview. «Ich schreibe so, wie ich rede oder wie ich jemandem eine E-Mail schreiben würde. Ich bin vermutlich auf eine etwas bockige Art authentisch.» Diese direkte Art regt zum Schmunzeln an – und zum Nachdenken über den Umgang mit Trauer und Trauernden.
Buch
Sarah Kuttner
Kurt
240 Seiten
(Fischer 2019)