Vom Mittelalter bis zur Gegenwart: Das Basler Ehepaar Richard und Ulla Dreyfus-Best sammelte während Jahren Kunst – eigenwillig und unkonventionell. Sie hat Kunstgeschichte studiert, ihr Mann war Bankier und ist vor zehn Jahren verstorben. Seither arbeitet sie allein am persönlichen Gesamtkunstwerk weiter.
Das älteste Objekt der Kollektion ist eine kleine, oberitalienische Statue aus dem frühen 12. Jahrhundert; das jüngste das Aquarell eines Totenschädels der gebürtigen Elsässerin Rebecca Bournigault. Dazwischen erlebt der Betrachter eine Geisterfahrt durch die Kunstgeschichte mit Werken des jüngeren Jan Brueghel (1601–1678) und Johann Heinrich Füssli (1741–1825) bis Max Ernst oder Andy Warhol im 20. Jahrhundert.
«Zwischen Manierismus und Surrealismus» lautet der Untertitel der Ausstellung, wobei «Manierismus» hier nicht nur historisch zu verstehen ist. Gemeint ist auch die «persönliche Eigenart des künstlerischen Schaffens», wie es im Ausstellungskatalog heisst. Die Sammlung «lotet die Grenzen dessen aus, was ein Kunstwerk darstellen und vorstellen kann».
«For Your Eyes Only» – der Ausstellungstitel weckt den Voyeurismus des Betrachters. Er erlaubt einen Blick auf die persönliche Leidenschaft eines Ehepaars, das sich nicht um die Konventionen des gängigen Kunstbetriebs scherte. Richard und Ulla Dreyfus-Best liessen sich vielmehr von einem gestalterischen Lustprinzip leiten – was für sie einen künstlerischen Wert darstellt, das gehört in die Sammlung.
For Your Eyes Only
Sa, 20.9.–So, 4.1.
Kunstmuseum Basel
Frans Francken (1581–1642)
Lüsterne Blicke der Wüstlinge: Die junge Frau ist im Begriff, sich ihrer Kleider zu entledigen. Sie soll anscheinend in die Hexenküche aufgenommen werden. Vielleicht wird sie bald, wie die Vettel im Hintergrund, nackt auf einem Besen durch die Nacht fliegen. Der Ausstellungskatalog erinnert daran, dass Hexenszenen in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts sehr beliebt waren. Dennoch darf man das Bild nicht als Bekenntnis des Malers zum Okkultismus werten; «dazu wirken die dämonischen Kleinlebewesen in der Küche zu albern» (Katalog). Frans Francken hat das Gemälde mit 23, 24 Jahren gemalt. Er ging bei seinem Vater in die Schule und prägte die flämische Malerei massgeblich mit.
Salvador Dalí (1904–1989)
«Etwas Traumhaft-Reales» ordnet der Ausstellungskatalog den Werken des Spaniers Salvador Dalí zu, etwa seinem Bild «Gesicht samt Ameisen» aus dem Jahr 1936. Der politische Bezug zum Bürgerkrieg in seiner Heimat ist offenkundig, eine Kritik am Franquismus ist möglich, obschon sich Dalí selbst immer wieder Faschismus-Vorwürfen ausgesetzt sah. Aber Dalís Kunst will nicht plakativ sein. Sie belegt vielmehr eine Entmenschlichung des Antlitzes. Diese Frauenfigur leidet nicht einfach, sie scheint auf ihre Entstellung stolz zu sein und sie zu geniessen. Schubladen als Motiv tauchen bei Dalí in jener Zeit immer wieder auf, Kritiker setzen sie in Bezug zur Psycho-analyse – als Symbole für den menschlichen Lebensbalast, den sie enthalten können.
René Magritte (1898–1967)
Der Belgier hat die Gouache «Le Modèle rouge» nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen. Das Bild verrät viel über den Künstler. Es dokumentiert seinen surrealistischen Witz. Und die schäbigen Schuhe mit den wohlgeformten Füssen könnten auf die Weltanschauung des Kommunisten hinweisen; er ist der Partei mehrmals bei- und aus ihr ausgetreten. Magritte zum Gemälde (Katalog): «Das Problem der Schuhe zeigt, dass selbst einfachste Dinge aus reiner Gewohnheit einen relativ hohen Stellenwert erlangen können. Durch das ‹rote Modell› können die Menschen erkennen, dass die Verbindung eines menschlichen Fusses mit einem Lederschuh im Grunde eine lächerliche Gewohnheit ist.»
Nach Giuseppe Arcimboldo (1526–1593)
Der Mailänder Arcimboldo war Hofmaler des kunstsinnigen Kaisers Maximilian II. in Wien. Er schuf 1568 die Bildfolge «Vier Elemente». In der Sammlung ist das Leinwandbild «Luft» eines unbekannten Schülers seiner Werkstatt zu sehen. Er gilt als der wichtigste Vertreter des Manierismus in der Spätrenaissance; seine fantasievollen Gemälde sollen eine überraschende Ähnlichkeit zu den porträtierten Modellen gehabt haben: Der Meister erweiterte die klassischen Motive der Renaissance mit seinen grotesken Einfällen, die aus heutiger Sicht meist rätselhaft erscheinen – und in einem Spannungsbogen zu den Surrealisten des 20. Jahrhunderts stehen.