Sachbuch: Kippot als Kulturgeschichte
Das neue Sachbuch «Jüdische Schweiz» erzählt anhand von 50 Objekten die Geschichte dieser Minderheit zweisprachig.
Inhalt
Kulturtipp 10/2018
Rolf Hürzeler
Witzig und spielerisch: Die beiden Kopfbedeckungen belegen die fussballerischen Präferenzen ihrer beiden Träger. Die Kippa (Plural: Kippot) ist ein «vergleichsweise junges, heute aber prominentes religiöses Symbol». In der Bibel und im Regelwerk Talmud gebe es kein Kopfbedeckungsgebot für Männer, schreiben der Kulturwissenschaftler Caspar Battegay und Naomi Lubrich, Direktorin des Jüdischen Museums Schweiz, im neuen deutsch-englischen ...
Witzig und spielerisch: Die beiden Kopfbedeckungen belegen die fussballerischen Präferenzen ihrer beiden Träger. Die Kippa (Plural: Kippot) ist ein «vergleichsweise junges, heute aber prominentes religiöses Symbol». In der Bibel und im Regelwerk Talmud gebe es kein Kopfbedeckungsgebot für Männer, schreiben der Kulturwissenschaftler Caspar Battegay und Naomi Lubrich, Direktorin des Jüdischen Museums Schweiz, im neuen deutsch-englischen Sachbuch «Jüdische Schweiz. 50 Objekte erzählen Geschichten».
Die kleinen runden Stoffteile seien im 13. Jahrhundert aufgekommen «möglicherweise im Zusammenhang mit von der christlichen Kirche ausgehenden Vorschriften, einen spitzen Judenhut tragen zu müssen».
Zeugen vergangener und heutiger Zeiten
Die Palette der ausgewählten Gegenstände ist vielfältig: eine Postkarte von Albert Einstein aus Bern 1902 gehört ebenso dazu wie eine bunte Salatschüssel oder die Schreibmaschine des KZ-Überlebenden Otto Frank, des Vaters der weltberühmten Tagebuchverfasserin Anne Frank.
Das älteste Objekt ist eine römische Münze aus dem Jahr 70, die in Lyon gefunden wurde. Sie zeigt auf der einen Seite das Haupt des Kaisers Vespasian. Auf der andern sitzt eine verhüllte Frauenfigur unter einer Palme und stützt ihren Kopf mit der Hand: «Die Palme ist ein Symbol für Judäa, die Frau für die Personifizierung des trauernden jüdischen Volkes», heisst es dazu. Wandern und Fremdsein bestimmten die Geschichte des jüdischen Volkes – vor und nach den Kriegen mit den Römern.
Das Buch illustriert die Vergangenheit der Schweizer Juden anschaulich: So erinnert eine Basler «Verordnung wegen der Juden Handel auf der Landschaft» aus dem Jahr 1768 daran, dass die Juden damals nur auf offenen Märkten ihre Pferde und Kühe kaufen oder verkaufen durften und nicht direkt bei den Bauern. Man befürchtete Übervorteilungen und traute einem «Judeneid» nicht. Die Verordnung geht von «den vielen Gefährden und Betrügereyen» aus, die der christlichen Bevölkerung allenfalls drohen würden.
Buch
Caspar Battegay/Naomi Lubrich
Jüdische Schweiz. 50 Objekte erzählen Geschichte
220 Seiten
(Christoph Merian Verlag 2018)