Boston, 1926: Seit sieben Jahren sind in den USA die Herstellung, der Transport und der Verkauf von Alkohol verboten. Doch gleichzeitig nimmt mit der Prohibition das Verbrechen zu. Denn illegaler Branntwein erweist sich als Goldgrube für Gangster, Schnapsbrenner und korrupte Gesetzeshüter. Mittendrin steht der Titelheld aus Dennis Lehanes neuem Roman «In der Nacht» – der Kleinganove Joe Coughlin. Dieser lernt bei einem Überfall seine grosse Liebe Emma kennen und stürzt ihretwegen ins Verderben. Denn Emma ist die Geliebte des lokalen Gangsterbosses. Bald bekommt Joe seine Härte und Macht zu spüren und verliert Emma, seine Freiheit und jegliche Hoffnung.

Autor Lehane hat Erbarmen mit seinem Helden: Er lässt ihn nach dem Absturz ganz unten im Knast beginnen – und krönt ihn als Herrscher über das Schmuggelgeschäft zwischen Florida und Kuba. Lehane ist für Krimis bekannt, die Hollywood gerne adaptiert. Werke wie «Mystic River» oder «Shutter Island» leben von ihrer Spannung und einem filmisch gut verwertbaren Themenmix.

So auch der neue Roman: Geschickt sind Gewalt und Blut mit Liebe und Leidenschaft verknüpft. Doch der Roman ist mehr als eine einfache Hollywood-Story. Zu schön bringt der Autor die Stimmung der späten 20er-Jahre rüber, zu fein zeichnet er die Wandlung seiner Hauptfigur vom einfachen Gesetzlosen zum skrupellosen Gangster. Trotz Brutalität und spannungsgeladener Sequenzen verlässt den Leser nie die leise Hoffnung, dass Joe seine für tot erklärte Emma irgendwann wiedersehen wird: Lehane hatte auch beim Schreiben dieser Geschichte bereits den Film im Hinterkopf. Sie wird voraussichtlich 2015 verfilmt.    

Dennis Lehane
«In der Nacht»
592 Seiten
(Diogenes 2013).