Das letzte Mal, als ein US-Familienfilm auf Schweizerdeutsch synchronisiert wurde, stand mit «Stuart Little» eine Maus im Mittelpunkt. Jetzt, 22 Jahre später, ist es eine Katze, deren tierisches Universum in «Garfield – De Film» mit Dialektstimmen von Gabriel Vetter, Andrea Zogg oder Fabienne Hadorn zum Leben erweckt wird. Verbindendes Element: Bei beiden Produktionen wirkte Rudolf Ruch mit.
Wir treffen den Sprecher und Synchronspezialisten im Büro der für Sony Schweiz tätigen PR-Agentur Paterson-Entertainment – gleich hinter dem Opernhaus Zürich. Ein Ort, der für Ruchs Karriere entscheidend war: «In den 70ern unterrichtete ich an der Mittelstufe in Zürich und nahm daneben Gesangsstunden», sagt der 70-Jährige. Seine Partnerin habe damals im Opernhaus gearbeitet, als ein Requisiteur ihn fragte, ob er nicht mal einen Abenddienst übernehmen könne.
Aus dem einen Abend wurden zwei Jahre. «Ich konnte das Geschehen auf und hinter der Bühne aufsaugen, habe daneben einen Opernkurs am Konservatorium besucht und absolvierte eine Ausbildung am Internationalen Opernstudio in Zürich. Über das Singen und Theaterspielen kam ich zur Werbung, als mich eine Theaterkollegin als Sprecher für einen Radiospot empfahl.»
So kam Ruchs Sprecherkarriere ins Rollen, zuerst in der Radio- und TV-Werbung, dann als Kommentarstimme für die erste Deutschschweizer Dokusoap «Die Dicken im Kloster» mit Hausi Leutenegger, später auch für den SRF-1-Hit «Mini Beiz, dini Beiz», gefolgt von «Mini Schwiiz, dini Schwiiz». Seit den 80ern ist Ruch immer wieder für Synchronaufnahmen tätig. Worauf gilt es da zu achten? «Als Dialogbuchautor reicht es nicht, zu übersetzen. Man muss kreativ sein.»
Ein Beispiel: In «Garfield – De Film» sage der Stier Otto, der von Ruch selbst gesprochen wird: «I could watch them all day.» Wie formuliert man das ohne Überlänge?
Ruch und sein Co-Autor Tom von Arx einigten sich auf «I cha gar nid höre luege». 3 Wochen arbeitete das Duo am Buch, 13 Tage dauerten die Aufnahmen im Studio, die von Arx als Dialektsupervisor überwachte.
Was macht einen guten Sprecher aus? «Talent, Fleiss und Zuverlässigkeit sind wichtig», sagt Ruch. «Glück muss man aber auch haben, um in der Branche einen Fuss in die Tür zu kriegen.» Dieses Glück, das Ruch selbst widerfuhr, will er jetzt weitergeben. «Als Coach bei der 2018 gegründeten Speech Academy bin ich glücklich, dass ich einen Kollegen wie Tom von Arx zu ‹Garfield› mitziehen konnte. Er hat das Zeug, um in meine Fussstapfen zu treten.»
Warum gab es denn so lange keine Schweizerdeutsch synchronisierten Filme mehr? Ruch nennt mehrere Gründe: zu kleiner Markt, zu grosse Konkurrenz im Familiensegment, zu viele Ressentiments – «Mundart ist doch Bubelizeugs à la Kasperli». Er selbst weiss es besser. Der Kassenschlager «Ein Schweinchen namens Babe» (1995), für den er Synchronregie führte, lief ein ganzes Jahr im Kino.
Garfield – De Film
Regie: Mark Dindal, USA 2024
101 Minuten, ab Do, 23.5., im Kino
Rudolf Ruchs Kulturtipps
Literatur
Fabian Scheidler: Der Stoff, aus dem wir sind (Piper 2021)
«Wie kam es zum grössten Arten- sterben seit 66 Millionen Jahren? Der Autor wirft einen überraschen- den Blick auf das Leben, die ‹Natur› und die Wissenschaft und zeigt Perspektiven auf für einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel.»
Kleinkunst
Die Schönholzers
«Der Sänger und Gitarrist Markus Schönholzer spannt den Bogen von der Geburt bis zum Tod und nimmt seine ganze Familie mit auf die Bühne. Tiefschürfende Unterhaltung und tolle Musik.»
www.markus-schoenholzer.ch
Ausstellung
Fotostiftung Schweiz: Jakob Tuggener – Die 4 Jahreszeiten
«Ein spannender Schwarz-Weiss- Einblick ins Leben auf dem Lande des Fotografen Jakob Tuggener (1904–1988).»