Was Romano Zerbini schon für Zürichs Kultur leistete, lässt sich an den Plakaten im Treppenhaus der Photobastei ablesen. «100 Jahre Werner Bischof», «Arnold Odermatt», «Vivian Maier» – Ausstellungen, die sein Haus zu einer Kulturinstitution machten. Fragt man Zerbini, was ihm die Photobastei bedeute, entweicht ihm nur ein «Ui». Der Initiator und Kurator sitzt im Bar-Bereich der Photobastei auf einem cremefarbenen Sofa und überlegt. «Sie ist mein Lebensinhalt», beginnt er. «Und sie ist ein Ort, an dem ich den Energien dieser Stadt nachspüren kann.» Was er damit meint, zeigte etwa die Punk-Ausstellung vor drei Jahren. Die Fotoschau gipfelte in einem Konzert der Zürcher Punklegende Rams. Menschen aus allen Generationen strömten an diesem Abend in die Photobastei. «Das hatte etwas Magisches», erinnert sich Zerbini. «Indem wir den Punk als Performance ins Museum holten, wurde seine Essenz richtig spürbar.»
Ein furchtloser Verfechter für die Fotografie
Die Essenz des Punk ist für ihn auch die Essenz der Photobastei: Spielerisch und furchtlos will er das Haus führen. Als Zwischennutzung eröffnet der Kulturmanager die Photobastei 2014 im Hochhaus zur Bastei. Vor allem der Dokumentar- und Reportage-Fotografie will er eine Nische bieten: «Mich interessiert die Auseinandersetzung mit der Welt – und dafür ist die Fotografie ein erstklassiges Werkzeug.» Die Mischung aus Off-Space, Begegnungs- und Performance-Raum kommt beim Zürcher Publikum an. Seit 2015 lebt die Photobastei in früheren ZHdK-Räumen weiter.
Doch finanzielle Probleme bleiben nicht aus. Zerbini betreibt die Photobastei privat, städtische Subventionen erhält er keine. Wie schwierig es ist, so über die Runden zu kommen, rechnet Zerbini aus dem Kopf vor: Ausstellungskosten, Werbebudget, Ticketeinnahmen. Reserven bleiben da kaum. 2020 steht die Institution tatsächlich vor dem Aus. Doch Zerbini kann auf die Zürcherinnen und Zürcher zählen. Mit fast 50 000 Franken unterstützen sie die Photobastei via Crowdfunding. «Das war Balsam auf die Seele», erinnert er sich. Spricht er über diese Jahre, fällt das Wort «Krampf». Und sein Blick bleibt auf einen imaginären Punkt im Raum fixiert – als manifestierten sich dort all seine Anstrengungen auf einer Foto-Collage. Seit zwei Jahren arbeitet er für die Ausstellungen im zweiten Stock mit der Stiftung «Jetzt Kunst» zusammen. Zurzeit stellt hier die polnische Künstlerin Paola Ciarska ihre Arbeiten aus.
Sein finanzielles Risiko habe sich so etwas minimiert, sagt er. Auf die Zukunft angesprochen, schiesst das Wort «kämpferisch» aus ihm. Per Unterschriftensammlung will er die Stadt dazu bringen, seinem Projekt ab 2024 zur notwendigen neuen Heimat zu verhelfen. Bereits haben 3500 Menschen unterschrieben. Zurücklehnen kann sich Zerbini dennoch nicht so bald.
Paola Ciarska – Am I lucid, am I dreaming
Bis So, 12.6. Photobastei Zürich
Romano Zerbinis Kulturtipps
Album
Das Palma Fiasko Orchester – Los (www.palmafiaskoorchester.ch)
«Wunderbar farbig und stimmungsvoll. Das ist eine wunderschöne musikalische Reise!»
Ausstellung
Sven Väth – It’s simple to tell what saved us from hell, The Museum Of Modern Electronic Music in Frankfurt (D)
«Das ist ein neues Museum in Frankfurt. Mit dieser Ausstellung feiert es den Godfather der Technomusik, den Produzenten und einflussreichen DJ Sven Väth.»
Buch
Aldous Huxley – Die Pforten der Wahrnehmung (Piper 2017)
«Dieser Klassiker der psychedelischen Literatur ist immer wieder einen Tipp wert. Ich habe das Buch von 1954 gerade wieder baff staunend gelesen.»