Das Leben des 53-jährigen Philosophieprofessors Quintus Erlach steht kopf. Seine Frau ist vor der Ehekrise an den Amazonas geflüchtet, seine Tochter spricht nicht mehr mit ihm, und er selbst suhlt sich im Haus seiner Kindheit im österreichischen Dorf Stein am Gebirge in seinem Elend, frönt dem exzessiven Weinkonsum. Doch damit nicht genug: Als Quintus im Wald der mysteriösen slowakischen Pflegerin Evelina begegnet, die scheinbar über hellseherische Fähigkeiten verfügt, gerät sein auf Logik aufgebautes Weltbild ins Wanken.

Und schon bald betätigt sich der angeschlagene Professor als Detektiv auf der Suche nach Evelinas verschwundener Vorgängerin, die den alten Zillner gepflegt hatte. Diesem gehört fast das ganze Dorf – und wer sich in dessen Angelegenheiten einmischt, kriegt Ärger. Als Quintus’ Schuppen abgefackelt und sein Hund namens Machtnix entführt wird, hat er die Kontrolle schon längst verloren … Autor René Freund lebt im oberösterreichischen Almtal und schreibt Romane, Theaterstücke, Hörspiele und Sachbücher.

Mit seinem Professor hat er einige Gemeinsamkeiten. Der 56-Jährige hat ebenfalls Philosophie studiert und mit einer Dissertation über den Zusammenhang von esoterischen und faschistischen Weltanschauungen promoviert. Fragen, die auch Quintus bei seinen Ermittlungen beschäftigen, in deren Verlauf er an seiner eigenen Wahrnehmung zweifelt. Er macht sich Gedanken über die diffuse Grenze zwischen Normalität und Wahnsinn, fragt sich: «Wirklichkeit ist doch nur eine Frage der Wahrnehmung?»

Mit «Wilde Jagd» gelingt dem Autor ein schöner Mix aus Krimi und Familienroman, in den er dezent philosophische Gedanken einfliessen lässt. Viel Platz bleibt auch für Schilderungen des Dorflebens und seiner skurrilen Bewohner. Trotz der abenteuerlichen Auflösung ist der Roman eine rundum vergnügliche Lektüre.

Buch
René Freund
Wilde Jagd
288 Seiten
(Zsolnay 2023)