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Dürfen Emigranten auf der Flucht vor den Nazis auch mal lachen? Solches fragt sich die blutjunge Lisette aus Hamburg, die als Dienstmädchen in der Pension Comi in Zürich arbeitet. In dieser wimmelt es von schillernden Figuren, deren einzige Gemeinsamkeit der Logis-Status «vorübergehend» ist: Juden aus halb Europa, die auf die Weiterreise warten oder auf eine Rückkehr in die Heimat hoffen. Künstler, die nicht weiterwissen, und gestrandete Existenzen. Denn das Ehepaar Paksmann, einst selbst Emigranten, öffnet seine Pension fast allen. Auch Lisette wird mit offenen Armen empfangen. Ihr Los ist Armut und die Angst um ihre Familie, die mit den Kommunisten sympathisiert.
In herrlich bildhafter, beschwingter Sprache
In Zürich herrscht am Vorabend des Zweiten Weltkrieges eine gespannte, zuweilen überdreht heitere Stimmung. Lisettes Alltag ist geprägt von skurrilen Episoden. Einer der geheimnisvollsten «Comi»-Bewohner ist Nissim Nachtgeist, der von einem «Ort der Verlorenen» spricht. An Zürich schätzt er die Möglichkeit, eine Existenz «im Windschatten» zu führen, also nicht aufzufallen. Mit «Die Brille des Nissim Nachtgeist» erinnert sich Lotte Schwarz (1910–1971) an ihre eigene Zeit als «Comi»-Dienstmädchen. Nach dem Krieg arbeitete sie als Bibliothekarin und Autorin. Ihr einziger Roman schlummerte fast 50 Jahre im Nachlass. Ein Glücksfall, dass er nun von der Historikerin Christiane Uhlig herausgegeben wird. Die Authentizität der erzählten Episoden bietet Einblick in das Zürcher Alltagsleben einer bewegten Zeit. Zugleich ist die Lektüre beste Unterhaltung, denn Schwarz schreibt in herrlich bildhafter, beschwingter Sprache. Eine Dramatisierung von Gerhard Meister ist aktuell im Schauspielhaus Zürich zu sehen.
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