Ruth Schweikerts Bücher zu lesen, gleicht manchmal einer Reise durchs Labyrinth: Sie spinnt ihre Erzählfäden in alle Richtungen, legt verschiedene Fährten aus. Und sie arbeitet mit Assoziationen, Erinnerungsbrocken, Wechseln von Schauplätzen und Zeiten. In ihrem neuen Roman «Wie wir älter werden» wendet sie dieses literarische Puzzle-Verfahren genauso an wie in älteren Werken. Im Roman «Ohio» von 2005 etwa entwickelt sie anhand der Liebesgeschichte eines Zürcher Paars in den 90ern ein Familienepos, das Jahrzehnte zurückreicht. 

Im Mittelpunkt stehen Merete und Andreas, die sich nach neun Jahren in einem Hotelzimmer im südafrikanischen Durban trennen. Die beiden lassen ein letztes Mal ihre Erinnerungen Revue passieren, bevor sich Andreas im Meer ertränken wird. Im Rückblick kristallisiert sich die Entwicklung vom einstigen Liebesfeuer zur tristen Gegenwart heraus. Der Alltag mit zwei Kindern, einige Schicksalsschläge und Meretes Liebe zu einem anderen Mann haben die Beziehung abgekühlt. 

Die Schweizer Autorin deckt Schicht um Schicht die familiären Verflechtungen auf. Die Liebesgeschichte verknüpft sie mit den Schicksalen der Eltern und Grosseltern in Italien und Deutschland. Schweikerts berührende Erzählungen aus dem Leben lesen sich am besten in einem Zug durch, damit die zahlreichen Figuren und Verbindungen präsent bleiben und sich der Leser nicht im Labyrinth verirrt.     

Ruth Schweikert
«Ohio»
Erstausgabe: 2005
Heute erhältlich bei Fischer Taschenbuch.