Wenn der Junge schlafen geht, fürchtet er sich vor Monstern unter seinem Bett. Es sind dies der Sänger Heino und der Politiker Rainer Barzel. Wenn diese zu bedrohlich werden, flieht der Junge ins Bett seiner Schwester.

Alexander Gorkow erweckt in seinem neuen Roman Kindheitserinnerungen auf derart bildhafte Weise, dass beim ­Lesen die Zeit zurückspringt. «Die Kinder hören Pink Floyd» spielt in den 1970er-Jahren in der Düsseldorfer Agglo. Der Junge und seine Schwester – beide namenlos – leben ein behütetes Familienleben im ­Eigenheim. Die Gespräche zwischen Va­ter und Mutter erinnern an Lo­riot-Sketche, die Tochter bringt Leben in die Bude, wenn sie sagt: «Pink Floyd sind Sozialisten.»

Beim Anhören der Alben dieser «Beatmusik-Band» erklärt die Schwester ihrem kleinen Bruder die Welt. So lernt er, was «das Establishment» ist und was «Schmusen» bedeutet. All dies analysiert der Neunjährige mit seiner Kinderlogik und überrascht sein Umfeld mit prägnanten Kommentaren. Sein Handicap: Er stottert, obwohl ihm alle sagen, er brauche nicht zu stottern. Worauf er die Luft an­hält – aus Protest, der aber nur offenbar wird, wenn er aus Luftmangel umkippt. Der Junge neigt zur Furcht, denn sein einziger Halt ist in Gefahr: Seine Schwester leidet an einem vom Medikament Contergan geschädigten Herzen. Und so saugt er alles auf, was sie ihm verrät. Auch dass man, wenn man ­lange genug in den Himmel schaut, das Prisma vom Cover des Pink-­Floyd-Albums «Dark Side Of The Moon» entdeckt.

Es ist bezaubernd, was Ale­xander Gorkow erzählt, und vor allem, wie er dies tut. Seine Sprache klingt stellenweise in bestem Sinne kindlich. Und so lernt man beim Lesen erneut, zu staunen über die seltsame Komplexität dieser Welt, die sich kaum verändert hat.

Buch
Alexander Gorkow
Die Kinder hören Pink Floyd
192 Seiten
(Kiepenheuer & Witsch 2021)