Roman: Der Leibhaftige im Hinterland
In Castle Freemans Roman «Ein Mann mit vielen Talenten» lässt sich ein ausgefuchster Eigenbrötler auf einen teuflischen Pakt ein. Ein Lesevergnügen mit hoher Pointendichte.
Inhalt
Kulturtipp 21/2022
Babina Cathomen
Komplette Wunscherfüllung ge- gen Seele: Dieser Pakt mit Mephisto ist seit Goethes «Faust» bekannt. Bei Castle Freeman nimmt er allerdings eine ganz andere Wendung. In seinem neuen Roman braust der Abgesandte des Leibhaftigen, ein geschniegelter Herr namens Dangerfield, im Oldtimer ins Hinterland von Vermont. Hier will er dem Eigenbrötler Taft sein Angebot machen: Ein halbes Jahr lang erfüllt er ihm jeden Wunsch, und danach lässt er ihn in der Hölle schmor...
Komplette Wunscherfüllung ge- gen Seele: Dieser Pakt mit Mephisto ist seit Goethes «Faust» bekannt. Bei Castle Freeman nimmt er allerdings eine ganz andere Wendung. In seinem neuen Roman braust der Abgesandte des Leibhaftigen, ein geschniegelter Herr namens Dangerfield, im Oldtimer ins Hinterland von Vermont. Hier will er dem Eigenbrötler Taft sein Angebot machen: Ein halbes Jahr lang erfüllt er ihm jeden Wunsch, und danach lässt er ihn in der Hölle schmoren.
Aalglatter Teufelsbote trifft auf Schnapsnase
Gegensätzlicher könnten die beiden Kontrahenten nicht sein: Der in Tweedjackett und Oxfordhemd gekleidete, aalglatte Dangerfield trifft auf die intelligente, verwitterte Schnapsnase Taft. Doch Taft, der weder an den Himmel noch an die Hölle glaubt, lässt sich tatsächlich auf den zweifelhaften Pakt ein – und so liefern sich die beiden einen Schlagabtausch, der es in sich hat. Denn Taft nutzt den Handlanger des Teufels nicht etwa dazu, sich selbst zu bereichern – Geld und Ruhm interessieren ihn nicht. Der Sonderling entpuppt sich vielmehr als Wohltäter und lässt etwa ein schwer krankes Kind auf wundersame Weise genesen. Sehr zum Missfallen des teuflischen Handlangers …
Der 77-jährige Autor Castle Freeman, der selbst in Vermont lebt, lässt einmal mehr die Hinterwäldler von Vermont auf aalglatte Geschäftsmänner von ausserhalb treffen. Es versteht sich von selbst, wer am Schluss den Kürzeren zieht. «Ein Mann mit vielen Talenten» lebt von den sprühend witzigen, geschliffenen Dialogen, die sich auch gut auf einer Theaterbühne machen würden. Mit abgründigem Humor erzählt Freeman vom Provinzleben, wo nicht nur der Teufel mit ungewöhnlichen Talenten punkten kann und knurrige Sonderlinge sowie alte Damen die Oberhand behalten.
Castle Freeman
Ein Mann mit vielen Talenten
160 Seiten (Hanser 2022)