In Fiston Mwanza Mujilas Roman «Tanz der Teufel» dreht sich alles um die Suche nach Geld und Glück. Schauplätze sind die Minenregion Lunda Norte im Grenzgebiet zwischen Angola und Kongo sowie das vibrierende Stadtzentrum Lubumbashis im ehemaligen Zaire. Dort, wo während den späten 80ern bis zum Ende der Mobutu-Diktatur in den 90ern alles möglich war: «Man kann am Abend als armer Teufel ins Bett gehen, als ärmster Teufel der Welt, und am nächsten Morgen als Minister oder Kriminalinspektor oder sogar als bevollmächtigter Botschafter der Republik Zaire in Nordkorea oder im Königreich Belgien aufwachen … denn Geld ist wie Glück, es braucht Mut, um es zu kriegen, egal, auf welchen Wegen es zu einem kommt».
Flucht vor dem drohenden gesellschaftlichen Zerfall
Stellvertretend für die Suche nach Erfolg stellt Mwanza Mujila eine junge Generation Zairer mit wilden Fantasien und voller Ambitionen ins Zentrum. Während Molakesi im bürgerkriegsgeplagten Angola Diamanten schürft, versuchen die von zu Hause ausgebüxten Sanza und Ngungi sich auf den Strassen Lubumbashis Klebstoff schnüffelnd als Männer zu behaupten. So stellen sie sich etwa in den Dienst des boshaften Geheimagenten Monsieur Guillaume. Er kämpft gegen die wachsende Rebellion, welche der ehemalige Geschichtslehrer und politische Aktivist Magellan mit seinen Gehilfen im Untergrund voranzutreiben versucht. Und dann ist da noch Tshiamuena, die «Madonna der Minen von Cafunfo». Ehrfürchtig sorgt sie unter den Diamantenschürfern für Ordnung und beauftragt einen gestrandeten österreichischen Schriftsteller, ihr zwischen Realität und Fiktion vermischtes Leben niederzuschreiben.
Die Romanfiguren zeichnen ein Bild einer lebhaften wie auch skurpellosen Gesellschaft, die spürt, dass der Zerfall bevorsteht. Während in den Minen Erdrutsche und Gewalt durch die Unita-Rebellen drohen, flüchtet man in Lubumbashi vor Elend, Diebstahl und Verrat ins «Mambo de la Fête». Ein Klub, in dem man Bier trinkend ekstatisch zu zairischen Rumba-Rhythmen den Tanz der Teufel tanzt – «solange noch etwas Leben ihn einem steckt».
Aus der Perspektive von Menschen ganz unten
Der in Lubumbashi geborene und nun in Österreich lebende Mwanza Mujila veranschaulicht ironisch und bissig, wie sich Kolonialisierung, Globalisierung, Raubbau und Bürgerkrieg in Afrika auswirken. Dass er dafür die Perspektive von Minenarbeitern, Glücksrittern und Strassenkindern einnimmt – von Menschen von ganz unten – ist erfrischend und erhellend zugleich.
Die Geschichte verläuft in verschiedenen Erzählsträngen. Es gibt keinen konsistenten Ich-Erzähler, was teilweise zu inhaltlicher Redundanz führt. Trotz dem anstrengenden Durcheinander bleibt die Sprache beweglich: mal komisch, mal lapidar. Einer der wenigen Kritikpunkte: Obwohl Mwanza Mujila Literatur als «Kunst der Politik» bezeichnet, vermeidet der 41-Jährige im Roman jegliche Kritik an den damaligen politischen Verhältnissen.
Buch
Fiston Mwanza Mujila
Tanz der Teufel
Aus dem Franz. von Katharina Meyer und Lena Müller
288 Seiten
(Paul Zsolnay 2022)