Robert Delaunay: Meister der Lichteffekte
Er beherrschte das Spiel mit der Farbe perfekt: Das Kunsthaus Zürich würdigt den französischen Künstler Robert Delaunay als einen Wegbereiter der Moderne mit einer grossen Ausstellung.
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Kulturtipp 18/2018
Letzte Aktualisierung:
20.08.2018
Rolf Hürzeler
Ein Steinwurf vom Pont Saint-Michel entfernt versteckt sich die gotische Kirche Saint-Séverin in einer Seitengasse des Quartier Latin. Die Fussgängerströme lassen das Gotteshaus unbeachtet; zu unscheinbar verschwindet es im Häusergewirr der Pariser Altstadt und ist zudem tagsüber oft geschlossen. Der Künstler Robert Delaunay (1885–1941) liess sich jedoch vom Lichtspiel im Interieur dieser Kirche faszinieren und setzte es 1909 in Aquarellen und Ö...
Ein Steinwurf vom Pont Saint-Michel entfernt versteckt sich die gotische Kirche Saint-Séverin in einer Seitengasse des Quartier Latin. Die Fussgängerströme lassen das Gotteshaus unbeachtet; zu unscheinbar verschwindet es im Häusergewirr der Pariser Altstadt und ist zudem tagsüber oft geschlossen. Der Künstler Robert Delaunay (1885–1941) liess sich jedoch vom Lichtspiel im Interieur dieser Kirche faszinieren und setzte es 1909 in Aquarellen und Ölbildern um. Eines dieser Werke wurde an der ersten Ausstellung der Künstlerbewegung «Der Blaue Reiter» 1911 in München gezeigt.
Gemälde als Grundlage des Begriffs «Orphismus»
Eine der «Saint-Séverin»-Versionen zeigt das Kunsthaus Zürich nun in seiner neuen Ausstellung «Robert Delaunay und Paris». Mit rund 80 Gemälden und Papierarbeiten ist dies eine einzigartige Präsentation von Delaunays Œuvre. Im Mittelpunkt stehen die Themen, die den Künstler beschäftigten: Bewegung, Sport und Technik. In diesen gesellschaftlichen Bereichen bewegt sich der Mensch oft orientierungslos. Delaunay vermochte es, ihn darin durch Farbe und Form – vor allem die runde – einzuordnen. So gesehen diente seine Kunst als gedanklicher Rahmen für die Unordnung der Zeit. Dies war für den Künstler umso wichtiger, weil er sich einer strikten politischen Orientierung enthielt.
Das begriff der Philosoph und Dichter Guillaume Apollinaire, der für Delaunays farblich raffiniert komponierte Rundgebilde den Begriff des «Orphismus» prägte. Delaunay selbst bezeichnete seine Gemälde laut einem Einführungstext des Kunsthauses lieber als «reine Malerei». Das ging so weit, dass er in einzelnen Werken auf Bezüge zur erkennbaren gegenständlichen Welt verzichtete und sich auf Lichteffekte beschränkte. Delaunay war ein Autodidakt. Er beschäftigte sich aber intensiv mit andern grossen Gestaltern seiner Zeit: von Henri Rousseau über Pablo Picasso bis zu Paul Cézanne.
In die Galeristen-Frau verliebt
Die Künstlerbewegung «Der Blaue Reiter» brachte Delaunay auch privat Glück: Er lernte in der Zeit, als «Saint-Séverin» entstand, den schwulen deutschen Galeristen Wilhelm Uhde kennen und verliebte sich in dessen Frau Sonia (1885–1979). Sie und Robert Delaunay wurden in der Folge ein unzertrennliches Paar, das 1910 heiratete und sich während Jahren bis zu seinem frühen Krebstod 1941 künstlerisch inspirierte. In den späteren Jahren arbeitete sie eigenständig weiter.
Im Ersten Weltkrieg zogen die beiden aus Paris weg nach Spanien. Delaunay galt als zu schwächlich für den Militärdienst, dennoch war die Abreise in den Augen vieler unpatriotisch und trug ihnen gesellschaftliche und berufliche Schwierigkeiten ein. Nach dem Krieg zogen Robert und Sonia Delaunay nach Paris zurück, wo sie wiederum in den tonangebenden Künstlerkreisen verkehrten, unter anderen mit Paul Klee. Dann kam der Zweite Weltkrieg. Einmal mehr musste sich das Paar zurückziehen, diesmal nach Südfrankreich, wo sie die letzten gemeinsamen Lebensjahre verbrachten.
Robert Delaunay und Paris
Fr, 31.8.–So, 18.11.
Kunsthaus Zürich