kulturtipp: Verkörpern Sie gerne merkwürdige Gestalten?
Reto Stalder: Ja, schon seit meiner Zeit an der Schauspielschule. Ich finde es spannend, in Bern Leute zu beobachten und ihre Eigenheiten zu entdecken.
Wie reagieren Sie, wenn Sie auf der Strasse einem Grufti begegnen?
Seit ich Fabio Testi verkörpere, schaue ich genauer hin. Die Details finde ich spannend. Es interessiert mich, welche Schuhe die Person trägt, ob sie Armschmuck oder eine Kette umgebunden hat, wie die Frisur aussieht und ob die Person stark geschminkt ist. Im Vergleich zu meiner Rolle sind diese Leute in der Realität meist in einer Gruppe unterwegs.
Der Bestatter-Gehilfe ist sehr ruhig, in sich gekehrt und einfühlsam. Sie auch?
Vielleicht nicht ganz so extrem. Klar, lässt ein Schauspieler im Film ziemlich viel von seiner eigenen Persönlichkeit in die Figur einfliessen. Ich spreche privat aber mehr und vor allem anders als er.
Welches war das prägendste Dreherlebnis?
In der ersten Staffel stand ich als Fabio Testi mit einem Kindersarg vor einem Spital. Ich war von Kopf bis Fuss knallschwarz gestylt, und der Sarg leuchtete weiss. Da einige Zivilpersonen die Kameras vor Ort nicht im ersten Augenblick entdeckten, wurde ich schräg angeschaut. Daneben stand ein grosses Cheminée, auf welches Namen von Neugeborenen geschrieben wurden. Das war ein schauderhafter Gegensatz.
Sie gehen gerne auf Friedhöfen spazieren. Weshalb?
Zwischendurch mache ich das, wenn ich etwas Ruhe brauche und genug von der Stadt habe. Ich habe in der Vorbereitungszeit bemerkt, dass der Friedhof nicht nur ein Ort tiefer Trauer, sondern auch der Erholung ist. Man kann auch hingehen und den eigenen Gedanken nachhängen, wenn man nicht schwarz gekleidet ist.
Könnten Sie sich vorstellen, im wahren Leben als Bestatter-Gehilfe zu arbeiten?
Vor meinem Engagement bei «Der Bestatter» kannte ich dieses Metier kaum. Es gibt viele Jobs, die ich nicht unbedingt ausüben möchte, und Bestatter wäre sicher nicht mein Traumjob. Aber mittlerweile habe ich da nicht mehr so grosse Berührungsängste.
Gibt es für Sie eine Traumrolle?
Ich würde gerne einmal einen Mörder spielen. Aber keinen klassischen, brutalen Mörder, sondern einen hinterlistigen, fiesen. Einer, der plötzlich aus dem Dunkeln auftaucht.
Fernsehen: Der Bestatter
Jew. Di, 20.05 SRF 1
Film: Der grosse Sommer
Im Film von Stefan Jäger spielt Reto Stalder einen Betreuer in einem Kinderheim
Ab Do, 28.1., im Kino