In seinen jungen Jahren war Musik Ausdruck von Rebellion. Reto Burrell machte in Bands Hardcore-Punk und Grunge, bis er zu Americana fand. Ein Schlüsselerlebnis war 1987, als er den Outlaw-Country-Musiker Steve Earle entdeckte. So ist Burrell zu seinem neuen Stil gekommen. Oder besser gesagt: «Der Stil ist zu mir gekommen.» Singer-Songwriter-Musik und rockige Americana wurden zu seinem Ding. Ihm ist er seit 20 Jahren treu geblieben ist.
Von Vorteil ist beim Songschreiben, wenn die sprachlichen Voraussetzungen gegeben sind. Burrell ist zweisprachig aufgewachsen. Geboren im Luzerner Vorort Emmen, lebte er die ersten Kindheitsjahre in Australien, nach der Rückkehr mit der Mutter und dem englischsprachigen Vater dann in der Innerschweiz. Heute wohnt Burrell in Nidwalden.
Geschichten, Gefühle musikalisch verpacken
Das Album «Shampoo Or Gasoline» ist bereits das zehnte in seiner langen Karriere. Es kommt im Vergleich zu früheren rauer und lauter daher. Genau das empfahl der elfjährige Sohn seinem Vater. Reto Burrell profitierte von einem sechswöchigen «Kreativschub», in denen sämtliche Songs entstanden sind. Er holte seine Band ins eigene Studio und produzierte «Shampoo Or Gasoline» gleich selbst.
Die Songs sind Ausdruck von Reto Burrells Befinden mit Blick auf die reale politische Welt draussen. Doch wenn er singend die Dinge beim Namen nennt, so sind es immer Songs, keine Statements. Die Liebe zur Melodie ist geblieben, selbst Kritisches wie die neuen Stücke kann er in eingängige Musik giessen. Reto Burrell regt sich zwar darüber auf, was auf der Welt schiefläuft, aber: «Ich habe keine Wut.» Was er mache, sei Musik mit einer Meinung, Haltung. Songs schreiben, das ist für ihn das Grösste: «Eine Geschichte, ein Gefühl, eine Aussage musikalisch verpacken.» Inspirationen liefert der Alltag. Die Teilzeitarbeit in einer Notschlafstelle hilft, die Realität bewusster wahrzunehmen.
Die Musik zählt, nicht der Erfolg beim Publikum
Auch wenn es schwieriger geworden ist und er nach 20 Jahren als Profi nun nicht mehr allein von der Musik leben kann: «Aufhören ist kein Thema.» Wobei er, ohne zu kokettieren, von sich sagt: «Ich sehe mich viel mehr als Musikmacher, als dass ich mich als Musiker bezeichnen würde.» Sein Anspruch hat sich gewandelt, «es ist egal, ob das Album im Radio kommt». Doch: Kurz vor unserem Treffen läuft daraus der Song «Blind» auf Radio SRF 1.
Konzerte
Di, 31.7., 20.30 Hafenfest Stansstad NW
Mi, 1.8., 22.00 Dorffest Brunnen SZ
Sa, 4.8., 17.00 Musikfest Einsiedeln SZ
CD
Reto Burrell
Shampoo Or Gasoline
(Tourbomusic 2018)
Reto Burrells Kulturtipps
Buch
Cormac McCarthy: «The Road» («Die Strasse») (Rowohlt 2007)
«Ein Vater und sein Sohn wandern durch ein verbranntes Amerika. Eine bewegende Geschichte, die keine Hoffnung lässt, nur die verzweifelte Liebe auf ihrer Reise.»
CD
Tom Petty: «Full Moon Fever» (Universal 1989)
«Keinem anderen Album gelang es, mich durch unzählige ‹highs› und viele ‹lows› in meinem Leben gleichzeitig zu begleiten. Für mich ist Tom ‹the king of songs›.»
Film
Terry Jones: «Monty Python’s Life of Brian» (1979)
«Diesem Klassiker verdanke ich den Grundstein meines Humors, welcher mich seit Kindheit prägt.»