Sie sei gerade etwas nervös, warnt Regula Esposito mit leisem Lächeln und leert ihren Cappuccino in wenigen Schlucken. «In einer Woche ist Premiere», erklärt sie, beantwortet aber schon die erste Frage konzentriert und überlegt. Ihr sei bewusst, dass sie mit ihrem neuen Programm «Miststück» auf dem Zeitgeist surfe. «Es geht um Klimawandel, Abfall, Sondermüll – Mist eben.» Obwohl gerade in aller Munde, sei dies ein «unsexy» Thema. Also wie gemacht für Helga Schneider, Espositos Kunstfigur, die 1990 mit dem A-cappella-Quartett Acapickels entstanden ist. «Diese derbe Zürischnurre ist ja selbst ein Miststück», lacht Esposito. «Und vielleicht sitzen im Publikum Leute, die mein Programm ein Mist-Stück finden.»
Mit italienischen und appenzellischen Wurzeln
Die 54-jährige Zürcherin liebt solche Zwei- und Dreideutigkeiten, die auch ihr künstlerisches Credo ausmachen. «Ich versuche, lustige Shows zu machen, Comedy eben. Aber ich habe auch eine Message und eine Haltung.» Ihr gehe es nicht nur ums Lachen, sagt sie mit Nachdruck. «Schön ist, wenn Leute im Publikum zu denken beginnen.» Der Klimawandel sei ihr ein ernstes Anliegen. «Auch wir sind dafür auf die Strasse gegangen in den 1970er-Jahren.» Gestritten habe man damals am Familientisch, aber auch viel gelacht.
Regula Esposito ist im Zürcher Niederdorf aufgewachsen, der Vater hat italienische Wurzeln, die Mutter appenzellische. Als Kind schon liebte sie das Theaterspielen und Musikmachen, pflegte beides während der Lehre als Hochbauzeichnerin und des Studiums der Raumgestaltung an der Kunstgewerbeschule. Nach der Theaterschule Comart feierte sie mit dem Kabarett Acapickels 18 erfolgreiche Bühnenjahre. «Dass Helga danach weiterleben würde, war nicht klar», sagt Esposito. «Ich suchte nach anderen Figuren, aber sie drang immer wieder durch. Denn sie macht ungemein Spass – je länger, je mehr. Natürlich kann sie auch nerven, und ihre Frisur fordert mich jeden Abend heraus.» Als Helga Schneider startet Esposito nun zum vierten Soloprogramm. Sie tritt in Comedy-Mix-Programmen auf und übernimmt Moderationen – «nicht allzu seriöser Anlässe», wie sie betont. Zudem berät sie gerne junge Kolleginnen und Kollegen.
«Ja, das kostet viel Kraft», nickt Regula Esposito. Umso wichtiger seien Erholungsinseln: ruhige Tage mit ihrem Partner, Ausflüge. «Auch Haushalten kann entspannend sein», lacht sie, «weil ablenkend.» Oder Kulturgenuss: «Wenn ich ins Theater oder ins Kino gehe, ist das erholsam und zugleich anregend. Ohne den Genuss anderer Kultur könnte ich selbst nicht kreativ sein.»
Helga Schneider: Miststück
Bis Sa, 30.11. Theater am Hechtplatz Zürich
Di, 3.12.–Sa, 7.12., jew. 20.00 Kleintheater Luzern
Di, 10.12.–Fr, 13.12., jew. 20.00 Tabourettli Basel
Tourneedaten: www.helgaschneider.ch
Regula Espositos Kulturtipps
Ausstellung
Mon univers
Bis So, 17.11., Pavillon
Le Corbusier Zürich
«Die Schau in diesem tollen Haus in prächtiger Park-Umgebung zeigt Objekte und Trouvaillen aus dem Sammelgut des wichtigen Schweizer Architekten Le Corbusier.»
Buch
Meg Wolitzer: Die Ehefrau (Dumont 2016)
«Wie fühlt sich die Frau eines frisch gekürten Literaturnobelpreis-Trägers, die auch seine Ghostwriterin ist? Wolitzers Buch war die Vorlage zum Kinofilm ‹The Wife› mit der grossartigen Glenn Close.»
Dokfilm
Diego Maradona (Regie: Asif Kapadia) – aktuell im Kino
«Eigentlich wollte ich diesen Film nicht schauen gehen, er wurde mir aber mit Nachdruck empfohlen.»