kulturtipp: In Ihrem Roman «Kristallhöhle» rollen Sie einen ungelösten Schweizer Kriminalfall wieder auf. Was hat Sie dazu bewogen?
Peter O. Beutler: Jemand schlug mir vor, über den Doppelmord bei der Kristallhöhle ein Buch zu schreiben. Ich erinnerte mich noch gut an dieses Verbrechen, das am 31. Juli 1982 geschah und bis heute unaufgeklärt geblieben ist. Es reizte mich, diesen Kriminalfall literarisch zu «verarbeiten».
Sie haben viel recherchiert für diesen Roman. Gingen Sie da alleine ans Werk oder erhielten Sie Unterstützung?
Es unterstützte mich eine Handvoll Menschen aus der Region Nordostschweiz, darunter ein pensionierter Polizeiwachtmeister. Die Nachforschungen führten uns zu einem anderen Tötungsdelikt, dem 25 Jahre später in derselben Region ein kleines Mädchen zum Opfer fiel. Anders als bei den Morden von 1982 glaubten die Ermittlungsbehörden, den Mörder gefunden zu haben. Er habe sich kurz nach dem Verschwinden des Mädchens selbst gerichtet. Wir kamen zu einem anderen Ergebnis: Der Mörder des Mädchens war wohl auch dabei, als die beiden Teenager in der Kristallhöhle umgebracht wurden. Er läuft heute noch frei herum.
Was ist die grösste Herausforderung daran, für eine Geschichte ein Ende zu erfinden, die auf wahren Begebenheiten beruht?
In einer fiktiven Geschichte dürfen keine real existierenden Menschen an den Pranger gestellt werden. Auch dann nicht, wenn es erdrückende Hinweise gibt, dass sie an der Tat beteiligt waren. Nur Polizei und Justiz sind befugt, Verbrecher zur Verantwortung zu ziehen. Geschieht das nicht, bleibt ein ungutes Gefühl zurück. Der Autor tritt dem entgegen, indem er ein Ende erfindet, das der Gerechtigkeit Genüge tut.
Sie haben unrühmliche Praktiken der Polizei aufgedeckt. Wie haben Sie das geschafft?
Dahinter steckt Knochenarbeit. Ich musste Leute befragen, in Bibliotheken und Archiven recherchieren und einen Draht zu den Ermittlungsbehörden finden. Das Internet kann hilfreich sein. Allerdings nur, wenn das Verbrechen weniger als 15 Jahre zurückliegt.
Möchten Sie Polizei und Staatsanwaltschaft dazu bewegen, sich bei den Ermittlungen mehr ins Zeug zu legen?
Ja, denn diese Fälle gehen auch mir unter die Haut.
Können Sie schon etwas über Ihr neustes Werk verraten?
Es ist ebenfalls ein fiktiver Krimi. Er lehnt sich an einen der grössten Skandale unserer Militärgerichtsbarkeit und des Justiz- und Polizeidepartements seit 1848 an. Es handelt sich um den mutmasslichen Spionagefall des hohen Generalstabsoffiziers Jean-Louis Jeanmaire, der aus Gründen einer absurden Staatsräson 1977 zu einer beinahe lebenslangen Zuchthausstrafe verurteilt wurde.
Buch
Peter O. Beutler
«Kristallhöhle»
320 Seiten
(Emons 2014).