So hat man das Guggisberglied noch nie gehört. Es erklingt mit Rahel Gigers samtener Stimme und mit Kora-Spieler Moussa Cissokho in einer senegalesischen Version. Auf dem Album «La Pluma» ist die Welt versammelt: Gesungen wird in Schweizerdeutsch, Rätoromanisch, Slowenisch, Spanisch oder in den afrikanischen Sprachen Mandinka und Wolof.
Zu Gast sind der argentinische Tango-Poet Daniel Melingo, der Exiltibeter Loten Namling oder der Berner Büne Huber. «Die Musik ist die Sprache, die alle verstehen», sagt Giger in einem Luzerner Bistro, wo sie beinahe von einem Saxofon übertönt wird.
«Ausprobieren, freuen, scheitern, aufstehen!»
Die federleichten Songs über Heimat, Sehnsucht oder Naturverbundenheit streicheln das Herz. Begleitet von der Kora, der Gitarre oder dem kanarischen Instrument Timple widerspiegeln sie Gigers Lebensfreude und Neugier auf andere Kulturen. Mit einem Blitzen in den Augen erzählt sie, welche neuen Welten ihr etwa Moussa Cissokho eröffnet hat.
«Er hat eine ganz andere DNA, was das kulturelle Verständnis anbelangt. Ich habe musikalisch viel von ihm gelernt, aber auch einiges über die Tradition der Griot, die ihre Botschaften durch Instrumente und Fabeln weitergeben.» Ihrer Musikbegeisterung frönen konnte Giger, die ihre Karriere bei Radio Grischa und Radio Pilatus gestartet hat, lange in der SRF-Sendung «World Music Special». Dort hat sie auch Kontakte für das eigene Projekt geknüpft.
Die Zusammenarbeit mit diversen Musikern entstand aber auch durch Zufälle, ihre Offenheit, auf andere zuzugehen und sich im richtigen Moment etwas zu trauen. «Einfach ausprobieren, freuen, scheitern, aufstehen!» Diesem Credo folgt sie auch, wenn sie neue Sprachen und Instrumente lernt. «Am liebsten hätte ich mehrere Parallelleben», gesteht sie lachend. Ein Herzensprojekt ist auch ihr Buch «Dahai. Blindlings.
Herzwärts» (Knapp Verlag), das zum Album erschienen ist. Darin erzählt sie vom Aufwachsen in Graubünden, von ihrem früh verstorbenen Bruder und von Heimat in allen Facetten. Zu Erzählungen, Gedichten und Songtexten kommen Interviews mit Weggefährten, die sie – frei nach Max Frischs Fragebogen – fragt: Wann fühlst du dich lebendig? Hast du Angst vor dem Sterben? Wofür bist du dankbar? Fragen, welche die Bündnerin, die inzwischen mit ihrem slowenischen Mann und den beiden Söhnen in Luzern lebt, selbst umtreiben.
Im Mittelpunkt steht bei ihr immer der Mensch. Ob in der Musik, in der Poesie oder beim Radio. Auf SRF 3 moderiert sie etwa die Sendung «Giiget’s?», in der sie mit den Philosophen Yves Bossart und Barbara Bleisch Gesellschaftsthemen anspricht. Wichtig ist ihr, dass ein Dialog mit den Hörern entsteht und verschiedene Argumente Platz haben – gerade bei Themen, die polarisieren. Denn für sie ist klar: «Die menschlichen Unterschiede sind eine grosse Bereicherung!»
Rahel Giger und Yves Bossart
Fr, 15.3., 20.00 Ono Bern
Rahel Giger und Moussa Cissokho
Fr, 5.4., 20.00
Kammgarn Schaffhausen
Fr, 3.5., 20.00
Meck Kulturhaus Frick AG
Rahel Gigers Kulturtipps
Radio
Vorabend SRF 2 Kultur
«Es lohnt sich, vermehrt analoges Radio zu hören. Besonders das Vorabend-Programm auf SRF 2 Kultur ab 16 Uhr: Schönste Musikentdeckungen, handverlesene Titel, spannende Kulturnachrichten.»
Podcast
Alles gesagt?
«Der unendliche Podcast von ‹Die Zeit› versüsst mir das Pendeln. Endlich haben Interviewte Zeit, alles zu sagen, was ihnen wichtig ist. So wird Zuhören zur Wohltat. Die Folge mit Wolf Biermann hat mich sehr berührt. Wie passend sein Lied ‹Ermutigung› heute noch ist!»
Film
Giorgos Lanthimos: Poor Things
«Irrer Filmspass mit Nachhall und intelligentem Witz. Lasst uns die Welt vermehrt durch die Augen einer ‹Bella› sehen, die mit dem Gehirn eines Babys unschuldig über das Leben staunt und sich auch emanzipiert.»