Polizist Janz ist ratlos. Kaum sind wir in Winterthur aus dem Zug gestiegen, ruft er an. Die Stadtpolizei brauche dringend unsere Hilfe, ein Wahnsinniger habe eine Bombe in der Stadt platziert. Um diese zu finden, müssen wir an fünf Orten Rätsel lösen und versteckte Teile des Passworts aufspüren, mit dem sich die Bombe entschärfen lässt. Gerade viel scheint die Polizei dem Erpresser bisher nicht entlockt zu haben. Aufgefallen ist einzig, dass er im Verhör immerzu von Bewegung und Tanz geredet habe. Beim Wahnsinnigen, der am liebsten alle tanzen sehen würde, handelt es sich um Rudolf. Er und der überforderte Janz sind Figuren in der launigen Smartphone-App «Mission Rudolf», welche uns auf spielerische Weise durch Winterthur lotst, über Tanzstile und -geschichte aufklärt und manchmal gar zu flapsigen Tanzeinlagen drängt.
Fünf Orte sind anzusteuern
Gespannt lauschen wir der Einstiegssequenz am Smartphone, das sich ein Lautstärkegefecht mit dem prasselnden Regen liefert. Unsere Aufgabe ist klar: Auf der hübsch illustrierten Stadtkarte sind fünf Zielmarken gesetzt, die wir abklappern müssen. Was uns dort erwartet, erfahren wir vor Ort. Wenige Schritte und Minuten später stehen wir auf den quadratischen Steinplatten vor dem Theater Winterthur: Das erste Rätsel will gelöst werden.
Ein Zeichner, ein Autor und Tanzprofis am Werk
Entstanden ist die Idee zur Rätsel-Trail-App im Lockdown 2020. Astrid Künzler, Leiterin des Tanzfests Winterthur, wurde jäh bewusst, dass die Bewegungsform Tanz zu verschwinden droht. Da ihr Sohn damals gerade Computerspiele entdeckte, lag es nahe, das Thema auf digitale, spielerische Weise umzusetzen. Ein lokal verankertes Team begann, eine App zu erarbeiten: Die kuriose Handlung etwa wurde vom Winterthurer Kinderbuchautor Daniel Fehr erdacht, und der lokale Comiczeichner Daniel Bosshart steuerte Illustrationen bei. Aber auch Rätseltester und Tanzprofis aus der Stadt wurden einbezogen. Premiere feierte die App für Android und iOS im Rahmen des Tanzfests Anfang Mai – genutzt werden kann sie weiterhin jederzeit und kostenlos.
Rudolf, der sympathische Antiheld, hält uns auf Trab. Nachdem wir vor dem Theatereingang unter den erstaunten Blicken älterer Besucher hüpfend die korrekte Bodenplatte gesucht haben, sind wir im Stadtpark gelandet. Wir befolgen die Anweisungen, suchen Schachtdeckel und drehen uns mit ausgestrecktem Arm im Kreis.
Ein Spiel mit toller Interaktivität
Rudolfs Rätsel sind meist leicht verständlich. Wer genau liest, gut hinhört und sich nicht ganz ungeschickt anstellt, findet verlässlich zur Lösung. Geeignet ist die App für Kinder ab acht Jahren in Begleitung. Und weiss man mal wirklich nicht weiter, können Lösungshinweise in den Ermittlungsakten der Polizei oder Rudolfs Archiv über Tanzstile, -werke und -persönlichkeiten konsultiert werden.
Dem Regen trotzend, durchqueren wir die Altstadt, doch bei der vierten Station ist vorläufig Schluss: Der zuvor extra geladene Akku ist leer. Im nahen Restaurant stöpseln wir das Smartphone ein. Je nach Gerät scheint es sinnvoll, einen externen Akku mitzunehmen. Kurz darauf gehts weiter. Obwohl die Aufgaben manchmal gar simpel, dann wieder extra kompliziert und langatmig rüberkommen, hat uns der rote Faden der Geschichte gepackt – wir wollen die Stadt retten. Unweigerlich lernen wir unterwegs Tanzstile von Locking über Tango bis zum Ausdruckstanz kennen und müssen etwa Ballettfiguren erraten. Schöner Nebeneffekt: Wir bekommen einen spannenden Blick auf Winterthur geboten. Schade nur, dass es tänzerisch meist bei der Theorie bleibt: Salsaschritte kennen wir nach der dreistündigen Rätseltour genauso wenige wie zuvor. In Rudolfs Archiv aber lassen sich später Infos zu Stilen inklusive Videos erkunden.
«Der Tanz ist aus, der Vorhang fällt»: Rudolf wandert nun für lange Zeit in den Knast. Wir haben nach rund drei Stunden die Explosion verhindert und Winterthur vor dem Erstarren gerettet. «Mission Rudolf» überzeugt mit toller Interaktivität, die mühelos über Generationen hinweg funktioniert. Laut Initiatorin Künzler könnte das Konzept mit der nötigen lokalen Unterstützung unkompliziert angepasst und in andere Städte übertragen werden. Wer weiss, vielleicht hält bald schon Fridolin die Stadt Basel mit einer Bombe in Atem.
App
Mission Rudolf
www.mission-rudolf.ch
für Android und iOS
Rätsel-Apps für unterwegs
Detektiv-Trails
Mit der App «Detektiv-Trails» lassen sich zusammen mit Detektiv Dachs kurzweilige Rätselabenteuer in der ganzen Schweiz lösen. Ob Natur, Kultur und Geschichte im jurassischen Montfaucon oder Hexen im Walliser Dorf Blatten: Hier werden junge und jung gebliebene Rätselfreunde spielerisch mit Hintergründen und Infos zu den jeweiligen Orten und Regionen versorgt. Die kostenlose App ist für iOS und Android erhältlich, einzelne Trails können für jeweils 9 Franken runtergeladen werden.
www.detektiv-trails.ch
IndustriekulTour Aabach
Vom Schloss Hallwyl über Seon, Lenzburg und Niederlenz bis Wildegg erstreckt sich ein virtueller Museumsraum entlang des Aabachs. Besucher können am Smartphone mittels Augmented und Virtual Reality in die Zeit der Industrialisierung reisen, verschiedene Touren absolvieren und Rätsel lösen. Die in Kooperation zwischen dem Museum Aargau, dem Museum Burghalde und dem Verein Industriekultur Aabach entstandene App ist kostenlos für iOS- und Android-Geräte erhältlich.
www.industriekultour-aabach.ch