«Suprematismus» – ein sperriges Wort, das so elitär tönt, wie es ist. Der Begriff stammt aus dem Lateinischen: Supremus, der Höchste, signalisiert die Überlegenheit, in diesem Fall der Abstraktion, gegenüber allen andern künstlerischen Ausdrucksformen. Der Russe Kasimir Malewitsch erhob mit dem Suprematismus den Anspruch, dass die radikale Abstraktion die Vollendung der Kunst sei – die ultimative Avantgarde. Etwa vergleichbar mit der revolutionären Arbeiterklasse, deren Herrschaft über alle anderen Klassen das gesellschaftliche Paradies verheisst: «Ich habe die Knoten der Weisheit durchschlagen und das Be-wusstsein von der Farbe befreit. Ich habe das Unmögliche überwunden und die Abgründe zu meinem Atem gemacht.» Einer, der so schreibt, ist von einem Sendungsbewusstsein beseelt, das an Fanatismus grenzt.
Geometrische Formen
Die Mission des Dogmatikers Kasimir Malewitsch gipfelte in seinem berühmtesten Werk, dem «Schwarzen Quadrat», das zu einer Wegmarke der Kunstgeschichte wurde. Vier Exemplare des Quadrats sind heute bekannt, in Basel ist allerdings keines zu sehen.
Linien, Kreise, Rechtecke – geometrische Formen allenthalben: Das Basler Kunstmuseum erinnert nun an die revolutionäre Publikation «Die gegenstandslose Welt» von Kasimir Malewitsch, die 1927 im Verlag des Bauhauses erschien. Die Ausstellung mit dem Titel «Die Welt als Ungegenständlichkeit» zeigt Zeichnungen aus dem Bestand des Hauses, die als Vorlage für die Illustration dieses Buchs dienten. Der Katalog dokumentiert die Entstehungsgeschichte des Werks.
Malewitsch wuchs in einer ukrainischen Familie in bescheidenen Verhältnissen auf, er war Autodidakt. In den ersten Jahren des letzten Jahrhunderts wandte er sich dem Impressionismus zu, zehn Jahre später entwickelte er die Idee des Suprematismus und fand damit bei der jungen russisch-revolutionären Bewegung Anerkennung. Nach der Oktoberrevolution 1917 erhielt Malewitsch die Verantwortung für die nationale Kunstsammlung des Kremls. In den 1920ern schwand jedoch das revolutionäre Verständnis der Kunst, der Künstler stiess auf Widerstand der Behörden. Er selbst wandte sich ab 1929 wieder der figürlichen Malerei zu. Unter politischem Druck? Oder wollte er in seinem Spätwerk mit verschiedenen Stilrichtungen spielen? Man weiss es nicht; jedenfalls verstarb der Russe 1935 verbittert.
Nachhaltiges Schaffen
Er war ein Berserker, einer, der sich von keinem dreinreden lassen wollte. Sein Ego: so grossartig wie seine geometrischen Formen. Dafür mangelte es ihm stets an Geld. Seine erste Frau entfloh 1919 mit den Kindern, was ihn wenig beeindruckte – er heiratete gleich wieder. Malewitsch liebte den pompösen Auftritt, um über Gott und die Welt vom Leder zu ziehen – und am liebsten über seine Künstlerkollegen.
Doch der Einfluss Malewitschs war nachhaltig: Man denke an heutige zeitgenössische Konzeptkünstler wie Sol LeWitt oder Donald Judd mit ihrer elementaren Formensprache. Auch ihre Kunst wird von einem Grossteil des Publikums als elitär wahrgenommen.
Die Welt als Ungegenständlichkeit
Sa, 1.3. - So, 22.6. Kunstmuseum Basel