Er kann wahrhaft zornig erscheinen. Wenn er spitze Noise-Schreie aus seinem Altsaxofon presst und dazu in Kämpferhosen über die Bühne wirbelt, jagt einem John Zorn fast Angst ein. Der hyperaktive New Yorker ist ein Provokateur. Sein Publikum aber will er zu Toleranz, Neugierde und offenem Hinhören erziehen. Mit radikalen Mitteln.
Beeinflusst von Extrem-Exponenten wie Freejazzer Ornette Coleman, Avantgardist Anthony Braxton oder Neutöner Karlheinz Stockhausen, ist der Multi­instrumentalist zu einem Pionier der postmodernen Soundcollage geworden. Dabei geht es ihm weniger um Fusion als um Reibung: Zorn lässt Jazz, Hard-Rock, Folklore aufeinanderprallen und erzeugt neuartige Klanggeflechte.

Als bewusst, aber nicht orthodox lebender Jude nimmt er sich seiner musikalischen Traditionen an. Seine «Radical Jewish Music» beschränkt sich aber nicht auf Klezmer-Adaptionen. Er erfindet vielmehr die Jewish Music mit seinen Masada-Bands neu. Die Quartett-Variante ist mit Trompeter Dave Douglas, Bassist Greg Cohen und Drummer Joey Baron besetzt. Mit ihr hat er 1994 die Alben «Alef», «Beit», «Gimel» und «Dalet» eingespielt.

Die meisten Stücke all dieser Alben entstanden an einem Studiotag! Zorn ist auch hierbei radikal: Er schreibt Hunderte von Kompositionen, die er seinen diversen Bands (die bekannteste nebst Masada ist Naked City) mit Gesten und Signalen glasklar dirigiert. Seine Führungsqualitäten lebt er auch mit dem eigenen Label Tzadik Records und seinem Club The Stone in Manhattan aus. Beide sind Katalysatoren seines immensen Klangkosmos.
   

CD

Masada
Alef
(Disk Union 1994).

Radio

Lange John-Zorn-Nacht
So, 1.9., 00.05–06.00
SWR 2, Bayern 2 plus
Jazz Collection

Di, 3.9., 21.00 SRF 2 Kultur
Omri Ziegele über John Zorn