kulturtipp: Im Theaterstück «Polizeiruf 117» spielen Sie den in Not geratenen Hauptwachtmeister Alois Keller. Wie fühlt es sich an, in seiner Haut zu stecken?
Beat Schlatter: Will man Emotionen auf der Bühne glaubwürdig ausdrücken, muss man in die eigene Gefühlswelt abtauchen. Im Fall von Alois Keller erinnere ich mich an persönliche Notsituationen.
Alois Keller lässt sich von einem Einbrecher zu einem Versicherungsbetrug überreden. Da stehen einem ja die Haare zu Berge.
Das ist eine klassische Mephisto-Szene. Alois Keller ist ein Polizist, der sein Leben lang ehrlich war und nun vor einem Scherbenhaufen steht. Seine Frau ist ihm davongelaufen, er verliert Haus und Polizeiposten. Der Einbrecher hat dagegen eine glückliche Familie und wohnt in einem schönen Haus. Weil er seine eigene Haut retten muss, versucht er, den Polizisten mit allen möglichen Tricks zu verführen.
Üben Sie Ihren Job mit gleich viel Herzblut aus wie der Hauptwachtmeister?
Ja. Es dauerte ein ganzes Jahr, das Stück zu schreiben. Diese Zeit kostet viel Geld, und Lohn gibt es erst, wenn das Stück ein Erfolg wird. Das tut man nur, wenn man mit Herzblut und Leidenschaft dabei ist.
Haben Sie mit Alois Keller etwas gemeinsam?
Eine Gemeinsamkeit ist, dass wir beide im Berufsalltag nicht lachen dürfen. Denn je ernster ein Schauspieler eine Szene in einer Komödie nimmt, desto komischer wird sie. Ein Polizist sollte ja auch nicht lachen, wenn er einen Strafzettel ausfüllt. Und trotzdem sind Polizisten sehr humorvolle Menschen.
Was ist die grösste Herausforderung an Ihrer Rolle?
Momentan 64 Seiten Text auswendig zu lernen. Ich muss in die Worte hineinschlüpfen, die Haltungen und Emotionen verinnerlichen, sodass ich auf der Bühne in jedem Satz die jeweiligen Emotionen abrufen kann.
Hat sich Ihr Bild von der Polizeiarbeit durch «Polizeiruf 117» verändert?
Ja. Ich habe dadurch viele Polizisten kennengelernt. Das Schöne daran ist, dass ich nun nicht mehr die Polizei als Institution vor mir sehe, sondern einzelne Personen, die ihr ein Gesicht geben. Das macht die Polizei viel menschlicher für mich.
Kabarettist Emil Steinberger hat vor vielen Jahren einen Wachtmeister gespielt. Worin besteht der Reiz, auf der Bühne genau diesen Beruf zu verkörpern?
Bei einem Polizisten ist die Fallhöhe grösser als bei anderen Menschen. Von ihm wird absolute Ehrlichkeit erwartet, und er hat eine Vorbildfunktion. Wenn ein Polizist etwas tut, das man von ihm nicht erwartet, ist das umso schlimmer – oder auf der Bühne eben viel komischer.
Interview: Melanie Riedi
Polizeiruf 117
Premiere: Mi, 7.1., 20.00 Theater am Hechtplatz Zürich
www.theaterhechtplatz.ch