Weltreise in dreieinhalb Minuten
Von einem Auslandaufenthalt bleiben oft nicht die Sehenswürdigkeiten, sondern die Alltagsdinge hängen, die anders sind als daheim. Ein kleiner, aber feiner Podcast des Radiosenders Deutschlandfunk Kultur widmet sich diesen vermeintlichen Nebensachen. Von A wie Arbeitsamt bis Z wie Zahnpflege berichten Korrespondenten in «Alltag anders» von eingeflochtenen künstlichen Haaren in Kenia oder Schwimmunterricht im kalten Wasser in Schweden.
In leicht konsumierbaren Portiönchen von dreieinhalb bis vier Minuten erfährt man, dass sich Arbeitssuchende in Nairobi morgens an die Strasse stellen, um angeheuert zu werden, und dass es in Mexiko Zahntouristen gibt, weil die Behandlungen dort viel günstiger sind als in den USA. Der Podcast stellt Ernstes (tschechische Nagelstudios stehen unter GeldwäscheVerdacht) neben Skurriles (im Amazonas werden an Feiertagen Heiligenbilder auf Fingernägel lackiert) und Erhellendes (in Indien sind Beleidigungen oft berufsbezogen).
Auch systemische Fragen werden besprochen: So ist die Unterbringung der älteren Verwandten in ein Pflegeheim für Marokkaner eine Schande, in Südafrika hingegen völlig normal – und die Qualität dort oft besser als in Deutschland. Die Beschreibungen sind angenehm nüchtern gehalten. Nicht alle Episoden sind gleich spannend, aber durch ihre Kürze kann man sich gut quer durch die Themen hören und mit etwas Fantasie eine kleine Weltreise vom Sofa aus unternehmen.
Alltag anders
www.deutschlandfunkkultur. de/alltag-anders-100.html
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Zwei Bücher – zwei Perspektiven
Jede Menge Bücher und angeregte Gespräche aus der Sicht zweier Generationen: Das bietet der Podcast «Zwei Seiten» mit den Journalistinnen und Moderatorinnen Christine Westermann und Mona Ameziane.
Die 75-Jährige und die 30-Jährige treffen sich einmal in der Woche, um rund eine Stunde lang über ein alltagsnahes Thema und die passenden Bücher zu diskutieren. Von «Liebeskummer» über «Neustart» bis «Alkohol» reicht die Palette, zu der die beiden ihre Favoriten aus dem Bücherregal mitbringen. Eines vorneweg: «Zwei Seiten» ist für Bücherfans geeignet, die ebenso Plauderpodcasts über persönliche Themen mögen.
Bei der Folge über Wut dauert es ganze 22 Minuten, bis Ameziane und Westermann bei der Literatur angelangen: Davide Longos Krimi «Schlichte Wut» und Mareike Fallwickls Roman «Die Wut, die bleibt». Literaturkritik im engeren Sinn betreiben sie in diesem Podcast nicht, auch wenn sich beide in anderen Radio- oder TV-Sendungen beruflich mit Büchern beschäftigen. Westermann war etwa vier Jahre lang in der Kritikerinnenrunde im «Literarischen Quartett».
Die Journalistinnen gehen zwar durchaus auf sprachliche Eigenheiten ein, oft nähern sie sich den Büchern aber ebenso auf der emotionalen Ebene, wie man es heutzutage auch von der Social-Media-Plattform BookTok kennt. Das ufert manchmal etwas aus, dennoch wecken sie mit ihren erfrischend unterschiedlichen Meinungen, die sie pointiert vertreten, oft die Lust aufs Lesen.
Zwei Seiten
https://zwei-seiten.podigee.io
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