Wer einmal von Bertram Wilberforce «Bertie» Wooster gelesen hat, vergisst den Kerl nie mehr. «Bertie» geniesst eine Ausbildung in Oxford, blickt auf eine illustre Ahnenreihe zurück und hat ein «Gesicht wie eine Kühlerhaubenfigur». «Bertie» ist zwar sehr reich, aber etwas weniger gescheit. Zum Glück ist da noch sein pfiffiger Diener Jeeves, der ihm immer wieder aus der Bredouille hilft. Die beiden sind die bekanntesten Charaktere in den Romanen des Engländers P.G. Wodehouse.
Der Druck der Nazis
Der deutsche Anglist Martin Breit stellt nun in einer neuen Biografie den exzentrischen Charakter P.G. Wodehouse (1881– 1975) vor. Er war ein begnadeter Schriftsteller und ein ebenso gerissener Geschäftsmann, der in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts mit seinen Romanen und Broadway-Musicals ein Vermögen machte. Wodehouse gehört zu jener Kategorie Autoren, die nach der Devise «No Sex please, we are British» schrieb. Die Herzen seiner Charaktere flattern zwar stark, aber mehr als einen flüchtigen Kuss gibt es nicht. Der scheue Autor war zwar jahrzehntelang mit der lebenslustigen und extrovertierten Ethel glücklich verheiratet, hatte aber wahrscheinlich ein eingeschränktes Liebesleben wegen einer Kinderkrankheit.
Wodehouse war ein Meister der leichten Feder; er hatte die Situationskomik in seinen Genen. Je absurder eine Szene, desto lieber schmückte er sie aus, um sie dem Leser noch ein bisschen komischer erscheinen zu lassen.
Wodehouse könnte heute eine Leuchtfigur der angelsächsischen Unterhaltungsliteratur sein, wäre er nicht durch Naivität in die Fänge der Nationalsozialisten geraten. Der Schriftsteller lebte in Nordfrankreich, als die Deutschen das Land besetzten. Er kam Monate lang in Internierungslager; schliesslich liess er sich von den Nazis in der Gefangenschaft überreden, übers Radio «zu seinen Lesern zu sprechen». Der unbedarfte Wodehouse machte sich damit zur Unperson in seiner Heimat; für Churchill war er ein Verräter.
Späte Rehabilitation
«Wodehouse war zu vertrauensselig, um auf Anhieb misstrauisch zu werden», schreibt Breit über die Avancen der Nazis gegenüber Wodehouse. Nur so liessen sich die fünf Radiosendungen an seine Landsleute im Sommer 1941 erklären. Der britische Geheimdienst hielt ihn später zwar für unschuldig. Der Sozialist Georg Orwell setzte sich öffentlich für ihn ein. Doch Wodehouse kehrte nicht mehr in seine Heimat zurück; er lebte später in den USA.
Anglist Breit hat ein kenntnisreiches Buch über Wodehouse geschrieben. Der Biograf hat den Mut für Korrekturen am oberflächlichen Bild des Schriftstellers. Allerdings lohnt sich die Lektüre nur für diejenigen, die an den Romanen selbst ihre Freude haben.
Buch
Martin Breit
«P.G. Wodehouse. Gentleman der Literatur»
348 Seiten
(Römerhof 2014).