Ihr ernstes Konterfei blickt einem seit Wochen von den Plakaten entgegen. Marina Abramovic zeigt im Zürcher Kunsthaus einen Querschnitt durch ihr langjähriges Schaffen, das die Performance-Kunst nachhaltig verändert und gross gemacht hat. Bei einigen Liveperformances darf das Publikum mitmachen – etwa beim Zählen der Körner eines riesigen Reishaufens.
Nebst ihrer künstlerischen Arbeit hat sie auch eine Organisation gegründet: Das Marina Abramovic Institute (MAI) unterstützt Kunstschaffende bei der Entwicklung und Realisierung von Liveperformances. Diese «Schützlinge» von Abramovic bekommen ihre Bühne im Januar im Theater Neumarkt in Zürich.
Serge Le Borgne und Billy Zhao sind Teil des MAI und haben das Spezialwochenende im Neumarkt mitkuratiert. «Da Performance genau wie Theater oder Tanz eine immaterielle Kunstform ist, eignet sich das Theater Neumarkt gut dafür», sagt Le Borgne im Videogespräch. «Es war spannend für uns, den ‹White Cube› zu verlassen und an einem solchen Ort zu arbeiten.» Die fünf Künstlerinnen und Künstler werden Foyer, Backstage und Zuschauerraum bespielen.
Prozession vom Theater Neumarkt zum Kunsthaus
Alle haben für das Wochenende eine neue Arbeit entwickelt. Die 71-jährige Sonam Dolma Brauen bietet zudem einen Workshop an. Sie floh als Kind aus Tibet nach Indien, im wenigen Gepäck trug sie ein Modell, mit dem man sogenannte Tsa-Tsas formt. Das sind Figürchen aus Lehm, die mit Reis- oder Getreidekörnern oder der Asche eines Verstorbenen vermischt sind.
Die Workshop-Teilnehmer können selbst Tsa-Tsas formen und den Samen einer Pflanze, die ihnen etwas bedeutet, mitbringen und in ihre Figur stecken. In einer Prozession werden die Tsa-Tsas dann zum Kunsthaus getragen und dort als Installation Regen und Sonne ausgesetzt mit der Hoffnung, dass einige der Samen zu keimen beginnen.
Laut Zhao und Le Borgne werden alle Performances eher intim und ruhig sein. «Stille und Konzentration statt Blut und Fleisch», sagt Zhao. Auf der Bühne werden Videoaufnahmen anderer Performances des MAI gezeigt, dort sind auch provokativere, lautere dabei. Generell empfiehlt Zhao, sich genug Zeit zu nehmen, mehrmals ins Theater Neumarkt zu kommen und ganz wichtig: «am Eingang das Handy ausschalten!»
Marina Abramovic
Institute @ Neumarkt
Fr, 10.1.–So, 12.1.
Theater Neumarkt Zürich