Brigitte Schmid und Annette Grieder sind auf die Schwägalp gekommen, um sich den Saal anzuschauen. Und vor allem zu hören, wie er klingt. Schmid packt ihr Akkordeon aus, Grieder singt dazu. Zuerst «La Chanson d’Orphée» von Luiz Bonfa, dann «Sous le ciel de Paris» von Hubert Giraud, schliesslich «Youkali Tango» von Kurt Weill. Sie sind zufrieden. Wenn die beiden Frauen Ende Januar im Rahmen des Festivals Musique am Berg im neuen Hotel Säntis auftreten, werden die Cellistin Lorena Dorizzi und der Pianist Simon Meier dabei sein. «Das wird dann noch einmal anders klingen», sagt Brigitte Schmid, die französische Chansons von Yves Montand über Charles Aznavour bis zu Charles Trenet für die drei Musiker und die Sängerin arrangiert hat.
Ein musikalischer Brückenschlag
Brigitte Schmid ist die ideale Brückenbauerin. Geboren und aufgewachsen in Château-d’Oex im Waadtland, ist sie über das Akkordeon zur Volksmusik und über den Mann ins Appenzellerland gekommen. Sie kümmert sich wenig um Grenzen und ist stets auf der Suche nach neuen Musikstilen. Ihr Akkordeon klingt, als würde ein ganzes Orchester spielen.
«A Paris» ist das Programm überschrieben, für das sie und Annette Grieder üben. Drei Musikerinnen und ein Musiker aus dem Appenzellerland erkunden die Welt des französischen Chansons. «Eine melancholische Welt», sagt Brigitte Schmid, was gut in diese Landschaft passt. Die eine Längsseite des Saals ist verglast, und man sieht hinein in den urtümlich wilden Wald. Auf der andern Seite türmt sich gleich vor der Tür das Säntismassiv auf.
Es wird sehr still sein am letzten Januar-Wochenende, denn die Säntisbahn fährt dann nicht, sie ist in Revision. Die beiden Organisatoren Nicole Borra und Jürg Hochuli haben bewusst diesen Zeitpunkt gewählt. Nichts soll den musikalischen Brückenschlag stören, den die beiden im Sinn haben. Und zu dem auch Isabelle Chassot anreisen wird, die Leiterin des Bundesamts für Kultur. Man kann im Hotel übernachten, wenn man will, und die Stille und Abgeschiedenheit erleben. Aber es wird auch einen Shuttlebus hinunter nach Urnäsch geben.
Nach der Schwägalp ab nach Fribourg und Paris
Das Chansonprogramm aus dem Appenzellerland wird das Festival am Samstag eröffnen. Abends um 20.15 wird dann mit Pierre-Do ein Chansonnier aus Fribourg auftreten. Und einen dritten Schritt wird am Sonntagmorgen das Ensemble Quatuor Van Kuijk aus Paris mit Musik von Claude Debussy, Maurice Ravel und Francis Poulenc machen. «Wir fangen hier im Appenzellerland an, machen dann auf der Sprachgrenze halt und landen zuletzt in Paris», beschreibt Hochuli den geografischen Bogen, den das Festival schlägt. Er verhehlt nicht, dass ihn auch sprachpolitische Überlegungen geleitet haben. Je weiter weg die Menschen von der Sprachgrenze wohnen, umso fremder ist ihnen die andere Kultur – was sich in der Debatte um das Frühfranzösisch zeige.
«Wann kann man hier in der Ostschweiz schon französische Chansons hören?», fragt er denn auch. Dabei handeln sie von dem, was die Menschen immer beschäftigt: von der Liebe, vom Glück, von der Sehnsucht. «Sous le ciel de Paris»: Annette Grieder singt von Liebenden und von Clochards, von Philosophen und Musikanten. Man fühlt sich gleich in eine andere Welt entrückt.
Musique am Berg
Sa, 28.1., 17.00 / So, 29.1., 11.00 Hotel Säntis Schwägalp AR
www.musiqueamberg.ch