«Man nehme etwas Sorge, etwas Nervosität, etwas Verwunderung, ziemlich viel Unruhe, ein paar Vorahnungen, Unentschlossenheit, Antriebslosigkeit und doch auch eine Prise Zuversicht.» So beschreibt Peter Stamm das Gefühl, das ihn und viele andere dieser Tage umtreibt. In seinem Online-Tagebuch, das er im Wechsel mit Dorothee Elmiger für das Aargauer Literaturhaus schreibt, erzählt er in kurzen Einträgen, wie es ihm im Ausnahmezustand ergeht und wie er etwa beim Hören eines Konzerts von Keith Jarrett von 1982 nur noch auf das Husten im Hintergrund achtet. «Schon jetzt setzt die Krise viel kreatives Potenzial frei, und wenn sie einmal ausgestanden ist, wird es noch viel mehr sein», ist er sich aber auch sicher.
Schreibabenteuer mit Fortsetzungsroman
Dorothee Elmiger wiederum setzt die Corona-Krise in Europa in Relation zu Ländern, wo die Bewohner diesen Zustand des Ausharrens ständig erfahren und wo das ganze Leben von Gefahr und Verlust bestimmt ist. Und sie fragt sich: «Wer waren wohl die 11 000, die in den vergangenen Tagen vergeblich versuchten, in die Schweiz einzureisen? Handelte es sich um Freunde, Verlobte, Handelsreisende, suchten sie Asyl, eine dringende Behandlung?»
Nebst den beiden Tagebüchern gibt es auf der Website des Aargauer Literaturhauses auch einen Fortsetzungsroman, an dem mehrere Autoren gemeinsam schreiben: Auf das Schreibabenteuer lassen sich etwa Zsuzsanna Gahse, Nora Gomringer, Jürg Halter, Monica Cantieni und andere ein.
Im Sinne eines «Stafettenschreibens» übernimmt je ein Autor eine Folge und gibt dann mit einer Wortvorgabe den Text weiter an die nächste Autorin. Zudem wagt sich das Aargauer Literaturhaus auch Schritt für Schritt auf Youtube vor. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Der Rotpunktverlag wiederum läutet den Feierabend im Home-Office punkt 18 Uhr mit jeweils einem literarischen Tagebucheintrag eines Autors über Facebook oder Instagram ein: So erzählt etwa Rolf Hermann vom «Social Distancing im Hochmoor» und vom wehmütigen Gefühl, das ihn überkommt, als er einen weisshaarigen Mann in der Sonne liegend lesen sieht: «Nachdem in den letzten Tagen viele meiner Auftritte abgesagt wurden, kommt mir der lesende Fahrradfahrer beinah wie eine vom Aussterben bedrohte Tierart vor.» Auch Romana Ganzoni, Christoph Keller und viele andere melden sich aus Biel, Celerina, Mailand oder Paris schreibend aus der Quarantäne. Die Aktion ist mit einem Crowdfounding für den Rotpunktverlag verbunden und dauert
40 Tage bis zum 2. Mai. Die Texte lassen sich auch über den VierzigTageBuch-Blog nachlesen.
Aargauer Literaturhaus im Netz
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Im Blog: https://vierzigtagebuch.wixsite.com/rotpunktverlag
Oder täglich 18.00 über Facebook und Instagram ! Rotpunktverlag
Bis Sa, 2.5.