«Unsere Musik ist eine Zumutung im positiven wie im negativen Sinn», sagt Donat Kaufmann über das zweite Album «Temporär Musik 1–13» seiner Band «One Sentence. Supervisor.» Viel Zeit müssen sich die Hörer nehmen, um den Sound zu verstehen, verstörend ist die Zusammenstellung der Songs.
Doch das kommt an. Erst kürzlich wählte der Verband unabhängiger Musiklabels «IndieSuisse» ihre Platte zum Album des Jahres. Ungeduldig drängende Gitarrenriffs kontrastieren darauf mit verträumtem Gesang, als hätten die Hippies der 1960er mit Indie-Ikonen wie The Smiths und Neo-Psychedelic-Bands der Nullerjahre das Studio geteilt.
Stimmungsschwankungen wie ein Teenager
Entrückte Vocals, Hall, Echo und hypnotische Gitarrenklänge verschmelzen mit dröhnenden Flächen und vorwärtsstampfenden Drums. Spätestens wenn ein vermeintlicher Punksong ins Technoide kippt, wird offensichtlich, dass Konventionen hier kein Gewicht haben.
Das ist typisch fürs Macher-Konzept der Badener mit ihrer «temporären Musik»: Neue Songs werden sofort aufgenommen und im Netz an die Öffentlichkeit getragen. Gratis, versteht sich. Mit dieser erfrischenden Punk-Attitüde werden eingerostete Prozesse der Musikindustrie ausgehebelt, wo Alben oft innert Wochen von der Bildfläche verschwinden.
Über eineinhalb Jahre entstand so eine Collage aus 13 Songs, die irgendwo zwischen Psychedelic Pop, 80er-Indie-Rock und punkigen Gitarrenriffs schwingt. «Das Album gleicht einem launischen Teenager, dessen Stimmung von Tag zu Tag extrem schwankt», sagt Kaufmann über den Sound seiner Band. Er weiss genau, dass die Zusammenstellung der Stücke dem Hörer viel Gewöhnungszeit und Geduld abverlangt. Doch genau darin liegt die Stärke des Albums, das aus dem oft einfach gestrickten Schweizer Musikschaffen erfrischend heraussticht.
Mit typisch helvetischer Zurückhaltung
Der Ausbruch ist Programm: 2015 sagte Kaufmann medienwirksam: «Mir langets», und sammelte in einer Crowdfunding-Aktion 140 000 Franken, um die Frontseite der Pendlerzeitung «20 Minuten» zu kapern. Der 27-Jährige hatte die Nase gestrichen voll davon, dass der hohe Geldeinsatz einer Partei den Wahlkampf bestimmte. Tausende unterstützten ihn. Über diesen Erfolg spricht der Musiker genauso bescheiden wie über den soeben gewonnenen Preis. Eine typisch helvetische Zurückhaltung, die bei diesem Album definitiv fehl am Platz ist.
Live
Do, 12.1., 21.00 Albani Winterthur
Fr, 13.1., 21.00 Kiff Aarau
CD
One Sentence. Supervisor
«Temporär Musik 1–13»
(Oh, Sister Records / Cargo Records 2016).