Er schickt die Börsenbroker der Londoner City buchstäblich in die Wüste. Der 36-jährige Zürcher Jonas Lüscher nimmt sich in seinem Erstling der Komplexität der internationalen Finanzwirtschaft an und knüpft an ähnliche Beiträge von John Lanchester oder Kristof Magnusson an.
Der Londoner Yuppie Marc lädt zur Hochzeit mit Kelly in die tunesische Luxusoase – und lässt einen Jet voller Partygäste einfliegen. Das fröhliche Treiben im «1001 Night Resort» kippt alsbald in hedonistische Dekadenz. Während die Festgesellschaft ihren Rausch ausschläft, bricht in London das Finanzsystem zusammen. England erklärt den Staatsbankrott, was in Schockwellen zur Globalkrise führt. Als die Engländer erwachen, sind ihre Konten leer, ihre Jobs gekündigt; sie sitzen fest. In der Oase kommt es zu Verteilkämpfen, zur Barbarei, die in ein apokalyptisches Finale mündet.
Jonas Lüscher erzählt diese Geschichte höchst lustvoll und mit orientalischer Opulenz. Auch stilistisch zieht der studierte Philosoph alle Register der elaborierten Dichtkunst. Die Sprache ist leicht altertümlich, was eine effektvolle Reibung zur Postmodernität des Themas erzeugt. Die Konstruktion erinnert an die klassische Novelle, und als Erzähler wirkt ein kurioser Zaungast: der Schweizer Unternehmer Preising, Gast des Oasen-Besitzers. Preising erzählt seine Erlebnisse einem namenlosen Freund auf Spaziergängen entlang der Mauer einer Irrenanstalt.
Lüschers Erzählung liest sich bei aller barocken Überfülle leicht und süffig. Zusätzliches Vergnügen bereiten Anspielungen an Vorbilder von W.G. Sebald über Urs Widmer bis hin zu Gerhard Meier.

[Buch]
Jonas Lüscher
«Frühling der
Barbaren»
125 Seiten
(C.H. Beck 2013).
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