Novelle: Federleichter Pas de deux
Dana Grigorcea blendet mit ihrer Novelle «Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen» hinter die Fassade der gutbetuchten Zürcher Gesellschaft.
Inhalt
Kulturtipp 05/2018
Babina Cathomen
Ihr Leben choreografiert sie wie ein Ballett, ihre Liebschaften wie einen Pas de deux: Die nicht mehr ganz junge, grazile Opernhaus-Tänzerin Anna frönt in Zürich dem oberflächlichen High-Society-Leben, ist verheiratet mit einem viel beschäftigten Arzt. Den Alltag versüsst sie sich mit wechselnden Liebhabern: «Sie gab sich ihm hin, wie sie sich nur einem einzigen hingeben wollte: dem Jeweiligen», heisst es über ihre Affären.
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Ihr Leben choreografiert sie wie ein Ballett, ihre Liebschaften wie einen Pas de deux: Die nicht mehr ganz junge, grazile Opernhaus-Tänzerin Anna frönt in Zürich dem oberflächlichen High-Society-Leben, ist verheiratet mit einem viel beschäftigten Arzt. Den Alltag versüsst sie sich mit wechselnden Liebhabern: «Sie gab sich ihm hin, wie sie sich nur einem einzigen hingeben wollte: dem Jeweiligen», heisst es über ihre Affären.
Zürich mit ungewohnt mediterranem Flair
Als sie in der Frühlingssonne am See einen jungen Mann kennenlernt, scheint zuerst alles nach gewohnter Choreografie zu verlaufen: Der Fremde lockt ihr Hündchen an, die beiden kommen ins Gespräch, und bald flanieren sie der Uferpromenade entlang. Anna gefällt die natürliche Art des kurdischen Gärtners, mit Gürkan fühlt sie sich «nah am Leben». Sie kommen sich schnell näher und verbringen federleichte Stunden zusammen. Dennoch naht das unabdingbare Ende, dem Anna mit Erleichterung und Wehmut entgegenschaut: «Wenn erst ein Monat vergangen sei, sagte sich Anna, würde die Erinnerung an Gürkan so fern sein wie eine davongeflogene Schwalbe.» Als der Sommer Einzug hält, widmet sie sich wieder dem unbeschwerten Dasein in ihren eigenen Kreisen – und doch erscheint ihr plötzlich alles hohl und leer . . .
Dana Grigorcea kehrt in ihrer Novelle die Verhältnisse aus Tschechows berühmter Erzählung «Die Dame mit dem Hündchen» (1899) um: Sie erzählt aus der weiblichen Perspektive und setzt die ältere Frau als Verführerin ein. Wie Tschechow schildert sie das Gefühl der Sinnlosigkeit, das die Protagonistin in ihrer langweiligen Ehe und in ihren gutbetuchten Kreisen übermannt. Die Zürcher Autorin zeichnet in ihrer Liebesgeschichte über alle Konventionen hinweg ein treffendes Bild dieser begüterten Gesellschaft und kontrastiert es mit Gürkans Arbeiterwelt. Im Tonfall bleibt sie Tschechow verhaftet und gibt ihrer humorvoll-melancholischen Novelle einen leicht altmodischen Touch.
Lesungen
Mi, 28.2., 20.00
Kulturhaus Helferei Zürich
Mo, 5.3., 20.00
Theater Z Burgdorf BE
Buch
Dana Grigorcea
Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen
128 Seiten
(Dörlemann 2018)