Hier badete der Schriftsteller Marcel Proust. Nicht auf diesem Bild natürlich, sondern zu seinen Lebzeiten im vorletzten Jahrhundert: Die Pariser «Les Bains Douches» im 3. Arrondissement waren früher eine städtische Badeanstalt, wie der Name sagt. Vor mehr als 20 Jahren wurde das Haus in ein Clublokal umgewandelt und zum französischen Partyknüller schlechthin. Der Designer Philipp Starck schuf das kunstvolle Dekor für ein feuchtes Interieur und setzte dabei auf den Charme der alten Bäder.
Schon bald plantschten in den Bassins Stars wie der Schauspieler Jack Nicholson, die Musiker David Bowie und Mick Jagger oder das Model Naomi Campbell. Die Kaufkraft dieser Klientel zeigt, dass «Les Bains Douches» ein Vergnügungsort der eher exklusiven Art war, wo Monsieur Dupont nichts zu suchen hatte.
Heute ist der Club verschwunden. Dafür lockt ein exklusives Hotel mit Spa die Kundschaft. Wer das frühere wilde Partyleben in der Jugend verpasst hat, kann es ein bisschen nachholen. Denn das Vitra Design Museum in Weil am Rhein bei Basel erinnert nun an die grosse Zeit der Clubs wie «Les Bains Douches»: «Night Fever. Design und Clubkultur 1960 – heute» heisst die Schau, die Episoden aus vergangenen Zeiten zurückbringt. Etwa mit Lokalitäten wie «Space Electric» in Florenz in den 1960er-Jahren, als der italienische Schlager in der europäischen Showszene hipp war.
Von Italien über England nach New York
Bald schon verlagerte sich das Geschäft weg von Italien in die angelsächsische Welt: Die Schau in Weil schlägt einen Bogen zu den Clubs in Grossbritannien und den USA – eine wilde Reise durch den Glamour des Showbusiness und der Subkulturen.
Eine Chiffre für die 1970er-Jahre war das «Studio 54» in New York – hemmungsloser Spass, überbordender Hedonismus. Die zwielichtigen Initianten Steve Rubell und Ian Schrager, beides verurteilte Steuerhinterzieher, gründeten den Club an der 54. Strasse in New York, wo das Medienunternehmen CBS früher ein TV-Studio führte. Das Lokal war eine tolle Adresse für Trendsetter, aber auch für Drogenexperimente, was sich als fatal erweisen sollte. Bei der Lancierung des Studios 54 war Aids noch unbekannt, Rubell erkrankte an einer Infektion und verstarb früh. Schrager ist noch heute im Business.
Lokale mit zweifelhafter Reputation
Das Studio 54 gibt es nicht mehr, aber es galt als stilbildend für die Discoszene; sogenannte «Studio 54»-Partys in aller Welt erinnern bis heute an die wilde New Yorker Zeit; Epigonentum ist wichtig in dieser Szene. Andere New Yorker Clubs wie «Mudd» und «Area» suchten die Symbiose zwischen Nachtleben und Kunst. Hier fanden so unterschiedliche Gestalter wie der populäre Keith Haring und der eigenständige Jean-Michel Basquiat ihre spielerischen Entfaltungsmöglichkeiten. Sie trafen auf Musiker wie die Talking Heads oder Ramones. Doch der triviale Kommerz vereinnahmte die Bewegung wie immer in solchen Fällen; Höhepunkt war der Musikfilm «Saturday Night Fever» mit John Travolta.
Dann kam der Rave. In Manchester baute der Designer Ben Kelly – der auch den Übungsraum der Sex Pistols gestaltete – einen ehemaligen Showrom für Yachtboote zum Club «The Haçienda» um. Ein toller, industrieller Rundbau wandelte sich zu einem Herzstück der Ausgehkultur in der englischen Region Merseyside, die bereits in den frühen 60ern mit den Beatles in der Populärkultur weit oben stand.
Hinter der «Haçienda» steckte das Musiklabel Factory Records mit der Gruppe New Order und führte das Unternehmen zuerst zu einem kommerziellen Erfolg. Drogenprobleme auch hier, immer wieder kam es zu Schlägereien, Schiessereien gar, bis der Club 1997 bankrott ging.
Diese Entwicklung kennzeichnete fast alle Lokale der Bewegung. Sie begannen als Treffpunkte kultureller Trendsetter, wurden zu einem Kommerzhype und schlossen nach der Erfolgsphase schnell, weil das Geschehen ausser Kontrolle geriet. Die Reputation der Lokalitäten konnte sich kaum je über mehrere Generationen Jugendlicher halten.
Night Fever. Design und Clubkultur 1960 – heute
Sa, 17.3.–So, 9.9.
Vitra Design Museum
Weil am Rhein (D)