Akustische Instrumente, stilistische Anleihen bei der traditionellen Musik und die Verbindung mit dem Rockinstrumentarium: Diese Mischung ergibt, was man im angelsächsischen Raum «Folkrock» nennt. Auf dem Kontinent, auch in der Schweiz, heisst der entsprechende Begriff «Neue Volksmusik».
Bewegung ab 1960ern
In den Sixties entdeckten US-Musiker das Erbe von Folk, Country und Blues. Sie erweiterten das Traditionelle mit neuen Inhalten und führten das sogenannte Folkrevival zum Folkrock weiter.
Die Bewegung regte sich ab Ende der 1960er-Jahre auch auf den Britischen Inseln. Dort verschränkten Bands wie Fairport Convention und Steeleye Span die Tradition der Volksmusik mit Pop und Rock der neuen Zeit.
In den 1990ern stand erneut ein Folk-Boom an: Roots-Musik, New und Weird Folk oder Americana, deren Trend bis heute mit einer ganzen Reihe von Bands anhält. Mumford & Sons aus London etwa formierten sich 2007 und starteten gleich durch. Die Band um Sänger Marcus Mumford ist aktuelle Gewinnerin eines US-Grammys (bestes Album «Babel») und der Brit Awards (beste Band). Sie stürmte die Hitparaden und ist längst ein beliebter Live-Act, der – wie aktuell in Bern – in ausverkauften Hallen spielt.
Der Folkrock ist im Mainstream angekommen. Zwar betont die Band, nichts mit Folk am Hut zu haben: «Wir sind keine Folkband. Wir sind, was wir sind.» Doch da ist alles, was Folk und Folkrock ausmacht: Akustische Gitarren, Banjo, Mandoline, Geige, Kontrabass, hymnischer Gesang, Chöre. Damit schaffen die vier Musiker Ohrwürmer, welche die Massen begeistern.
The Avett Brothers sind ein eher traditionell ausgerichtetes Bandbeispiel aus den USA. Hier sind seit dem Jahr 2000 zwei wirkliche Brüder am Werk: Seth und Scott Avett (North Carolina) begannen in einer Hardrock-Band, bis sie die Tradition entdeckten – mit Bluegrass, Country und Folk. Ihre jüngsten Alben sind von Rick Rubin produziert, der massgeblich zum Erfolg des Spätwerks von Johnny Cash beigetragen hat. Ihren Neo-Folk spielen die beiden Brüder mit Bassist Bob Crawford.
Auch auf Island regt sich Folkiges. Eine der jüngeren Bands nennt sich Of Monsters And Men. Das Sextett aus Reykjavik spielt seit 2007 und debütierte letztes Jahr mit dem Album «My Head Is An Animal» auf dem internationalen Markt. Fröhlich und eingängig wirkt diese am Folk orientierte Indie-Popmusik der Mittzwanziger und scheint, den Geschmack vieler getroffen zu haben.
Und in der Schweiz? Obwohl der «Ländler» in den 60er- und 70er-Jahren kurzzeitig als Schimpfwort galt, schaffte er es bald ins Pop- und Rock-Repertoire. 1979 nahm sich der Gitarrist Max Lässer alter Volkstänze an. Es folgten Adaptionen im Mundartrock, und 1994 brachte Christine Lauterburg gar dem Jodel das Rocken bei. Dann folgten Bands auf Bands und mit dem Luzerner Albin Brun, dem Schwyzer Anton Bruhin oder dem Appenzeller Noldi Alder tatkräftige Botschafter der neu kolorierten Folklore. Cyrill Schläpfer untermauerte den Trend 1993 mit seinem Kino-Hit «Urmusig», 2007 doppelte Stefan Schwietert mit «Heimatklänge» nach. Heute bieten Festivals wie «Alpentöne» oder «Obwald» publikumswirksame Plattformen für die Neue Volksmusik des Alpenraums.
Alphorn und Örgeli
Rund um die innovative Luzerner Jazzschule tauchen Alphorn, Trümpi und Schwizerörgeli vermehrt auch an Jazzkonzerten auf. Etwa bei Roland von Flüe: Der Obwaldner Bläser ist ein musikalischer Grabenspringer und hat diese Begeisterung seinen drei Kindern Julian, Vera und Lukas vererbt. Die Familie gastiert demnächst in Zug: als Quartett Folka und – ohne den Vater, dafür mit Geigerin Andrea Schmid – als Diagonal.
Noch immer und aktuell unterwegs ist Max Lässer. Er hat wichtige Köpfe aus Rock, Jazz und Klassik zum Überlandorchester formiert. Ebenfalls live zu hören ist dieser Tage das Trio Räss, ein schweizerisch-bayerisches Hackbrett-Trio, das mittels Vibrafon und Kontrabass zu neuen Ufern aufbricht.
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Mumford & Sons
CD: Babel
(Cooperative 2012).
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