Neue DVD: Mann der Widersprüche
«Gundermann» von Andreas Dresen bietet das Porträt eines Künstlers und eines Landes, der DDR.
Inhalt
Kulturtipp 07/2019
Urs Hangartner
Diese schöne Szene hält der Film unter anderem bereit: Gerhard Gundermann, der politisch-poetische DDR-Barde, spielt in Dresden 1994 im Vorprogramm von Bob Dylan. Hinter der Bühne kreuzt man sich. Dylan, der Unnahbare, wird von Bodyguards begleitet. Gundermann geht zum Weltstar und sagt etwas zu ihm. Seine Kumpels wollen wissen, was. «Och», so Gundermann, «ich hab ihm bloss gesagt, mein Idol ist Springsteen.»
Hätte gut so sein kö...
Diese schöne Szene hält der Film unter anderem bereit: Gerhard Gundermann, der politisch-poetische DDR-Barde, spielt in Dresden 1994 im Vorprogramm von Bob Dylan. Hinter der Bühne kreuzt man sich. Dylan, der Unnahbare, wird von Bodyguards begleitet. Gundermann geht zum Weltstar und sagt etwas zu ihm. Seine Kumpels wollen wissen, was. «Och», so Gundermann, «ich hab ihm bloss gesagt, mein Idol ist Springsteen.»
Hätte gut so sein können. Ist aber erfunden im träfen Porträtfilm über den Liedermacher der Widersprüche. Gerhard «Gundi» Gundermann war, nachdem man ihn aus der Offiziershochschule geschmissen hatte, systemkritisch – und systemtreu. Spät kam aus, dass er IM war, Informeller Mitarbeiter, Stasi-Spitzel.
Gundi hat sich an den Verhältnissen aufgerieben. Und bei allen Widersprüchen blieb er sich und seiner Kunst treu. Sein Publikum feierte ihn zu Recht, ausschliesslich auf die Sangeskunst setzen wollte er aber nicht. Nach Konzerten ging er früh heim. Denn die nächste Schicht wartete. Gundi war Künstler und Vollzeit-Baggerführer. Er wollte authentisch bleiben.
Gundermann wurde nur 43 Jahre alt. Es war immerhin genug Zeit, um in der DDR und in den Zeiten danach Kultstatus zu erlangen. Dank dem sorgfältig gemachten Film von Andreas Dresen, selber ein «Ossi», kann man auch seine Musik wiederentdecken. «Gundermann» gibt Einblick in ein real existierendes Künstlerleben – und in die DDR. So ist der Film, in dem Gundi-Darsteller Alexander Scheer eine Glanzleistung abliefert, auch ein schönes Stück Geschichte, ohne «Ostalgie», weder beschönigend noch verurteilend.
DVD
Gundermann
Regie: Andreas Dresen
D 2018
DVD, 123 Min.
Bonus-Material
(Impuls 2019)