«Entschuldigung, wir haben Sie verpasst»: So lautet die Mitteilung von Kurierdiensten in Briefkästen, wenn die Zustellung an einen abwesenden Empfänger nicht möglich war. Und «Sorry We Missed You» nennt Ken Loach (*1936) denn auch seinen Film. Der britische Altmeister des sozialrealistischen Films rückt eine Arbeitswelt in den Mittelpunkt, die nicht aktueller sein könnte: Menschen bestellen Waren, die schnellstmöglich und möglichst billig ins Haus geliefert werden müssen. Billig muss auch die Arbeit der Kuriere sein.

In einem solchen Arbeitsfeld, wo auf brutale Art die Formel «Zeit ist Geld» gilt, bewegt sich der Protagonist Ricky aus New­castle. Er steht für die Menschen, die nicht nur beruflich ständig unter grossem Druck funktionieren müssen. Als freiberuflicher Paket-Kurier schuftet er bis zur Erschöpfung, wo­r­unter er und seine Familie letztlich arg zu leiden haben. Aber die Familie gibt auch Halt, sie stehen zusammen: die aufopferungsvolle Gattin Abby, die als Pflegerin arbeitet; ­der delinquente Teenie-Sohn Seb, der seine Kreativität beim illegalen Graffiti-Sprayen aus­lebt; die kleine, tapfere Tochter Liza.

Ricky will das Beste für die Seinen und hat mit mannigfachen Problemen zu kämpfen. Einmal wird er gar zusammengeschlagen und ausgeraubt, worauf er für die entwendeten Pakete persönlich geradestehen muss. Prekäre Verhältnisse, die grosse Not – sie sind im Verständnis von Ken Loach nicht etwa eine dramatische Ausnahmeerscheinung. Er sagt zu seinem jüngsten, durchgehend überzeugenden Werk: «Es ist keine extreme Geschichte.»

DVD
Sorry We Missed You
Regie: Ken Loach
UK/F/B 2019
DVD, 101 Minuten
(Impuls Home Video 2020)