Sie bilden seit 2003 die Theatertruppe Piel de Lava und sind im Film praktisch durchgehend präsent: die Schauspielerinnen Pilar Gamboa, Elisa Carricajo, Laura Paredes und Valeria Correa. Regisseur Mariano Llinás nennt sie liebevoll «Chicas» (Mädchen). Zuweilen erscheint auch er selbst vor der Kamera und gibt seine Kommentare ab. Denn: «La Flor» ist auch Film im Film und Film über Film mit Meta-Ebenen.
Der Filmtitel bezieht sich auf die Struktur des ganzen Projekts, die grafisch als Blume (spanisch: «flor») dargestellt werden kann. Llinás zeichnet im Film mit ein paar Strichen eine solche Strukturblume in sein Notizbuch: Vier Blütenblätter, ein Fruchtknoten und ein Stiel. Am Tisch einer Raststätte sitzend, erklärt er, was kommen wird. Unter anderem verrät Llinás, dass vier der sechs Geschichten kein Ende haben werden.
B-Movie, Thriller, Beziehungsmelodram …
Und dann gehts los mit der ersten Episode. In einem archäologischen Institut ereignet sich Seltsames. Auf einer Mumie scheint ein Fluch zu liegen. Eine schwarze Katze zeigt unbekannte Symptome, ebenso eine Person. Elemente eines B-Movies, billig gemacht, mit unscharfen Bildern, schlechtem Ton.
Es folgt ein Beziehungsmelodram im Schlagermilieu. Zusätzlich gehts um eine Geheimgesellschaft, die sich durch das Gift des Zenturio-Skorpions ewige Jugend erhofft.
Episode drei nimmt den Hauptanteil ein im ganzen Film. Genre: Thriller. Dauer: fast sechs Stunden. Statt Spanisch sprechen die Protagonistinnen jetzt Französisch. Sie sind Spioninnen, die erschiessen, erwürgen, erstechen, vergiften. Es geht um die Entführung eines Raketenwissenschafters und um vieles mehr an Schauplätzen wie London, Moskau, Brüssel oder Paris. In Episode 4 lehnen sich die Schauspielerinnen gegen die Pläne ihres Regisseurs auf. Er hat ein Erweckungserlebnis und will nur noch Bäume filmen …
In einer Unterepisode werden bisher unbekannte Erlebnisse von Casanova in stilechten Kostümen nachgestellt. Eine filmhistorische Hommage zeigt eine Variante des Renoir-Klassikers «Une partie de campagne» – in Schwarz-Weiss und praktisch stumm. Am Schluss gehts in die Wüste und ins 19. Jahrhundert.
So endet ein filmisches Unternehmen, das voller Überraschungen, Geheimnisse, Spannung und Komik steckt, wo es von Verweisen, Anspielungen und Zitaten nur so wimmelt.
Am besten führt man sich «La Flor» in Tranchen zu Gemüte. So wird der ausserordentliche Kinofilm zum Serienerlebnis. Auch rein rechnerisch lohnt sich «La Flor»: 14 Stunden Film auf vier DVDs gibts zum Preis von gut zwei Kinoeintritten.
DVD
La Flor
Regie: Mariano Llinás
Argentinien 2018
4 DVDs
873 Minuten
(absolut Medien/Trigon 2020)