Der zwölfjährige Zain lebt mit seinen Eltern und sehr vielen Geschwistern auf engstem Raum in Beirut. Statt in die Schule zu gehen, muss er tatkräftig mithelfen, die Familie zu ernähren. Trotz seines heftigen Protests verheiraten die ­Eltern seine elfjährige Lieblingsschwester Sahar an den Wohnungsbesitzer, damit dieser ihnen weiterhin die Miete erlässt. Zain läuft davon, treibt sich auf der Strasse herum, ­findet vorübergehend Unterschlupf bei der Zufallsbekanntschaft Rahel und hütet deren Baby. Eines Tages erscheint Zain vor Gericht. Er hat seine Eltern verklagt, «weil sie ihn auf die Welt gebracht haben».

Nadine Labaki hat mit ­ihrem aufwühlenden Sozialdrama den Prix du Jury am Filmfestival in Cannes 2018 sowie zahlreiche weitere ­Auszeichnungen gewonnen. 

Kein Wunder, denn ihre schonungslose Darstellung eines (un)möglichen Kinderlebens im Beirut von heute geht unter die Haut. Dies umso mehr, weil Labaki die vielen Rollen von Laien spielen liess, was alles authentischer und in seiner Unglaublichkeit brutal glaubhaft macht. Den kleinen Zain, gespielt vom 14-jährigen Zain Al Rafeea in einer trefflichen Mischung aus Trotz, Wut und Hilflosigkeit, möchte man am liebsten aus dem laufenden Film reissen und in Sicherheit bringen. Das ist brillantes Kino!

Die nun erschienene DVD bietet als Extras ein interessantes Interview mit Regisseurin Nadine Labaki. Fast genauso aufwühlend wie der Film selbst ist ein Making-of der Dreh­arbeiten.Frank von Niederhäusern

DVD
Capernaum
Regie: Nadine Labaki
LB/USA 2018
DVD, 122 Min.
mit Bonusmaterial
(Impuls 2019)