Sie sehen aus wie Caramelchöpfli, haben aber ein ein Meter breites Maul. Solche, von denen man es nicht erwarten würde, kiffen zusammen «mit dene vo der Bärner Riitschuel». Herr Blocher kriecht unter den Ratspulten hindurch. Was ist hier geschehen? Emil träumt. Es ist die Auftaktnummer «Traum vom Nationalrotssaal». Eben nur ein Traum mit surrealer Schlagseite.
Man darf getrost deutliche Realitätsbezüge hineinlesen in gewisse neue Nummern von Emil Steinberger (87). In den Klassikern oder Evergreens steckt da und dort Neues. Jüngere Generationen können einen ganzen komischen Kosmos entdecken, der von der leisen Satire bis zum schieren Nonsens reicht.
Neu radelt Emil mit E-Bike und Blink-Helm
Schön unsinnig ist etwa der Auftritt des Fotografen mit Stativ, der von der Bühne herab das Publikum als Gesamtes im Bild einfangen will und betont: «Ich kann nicht digital fotografieren, sondern frontal.» Ein Bekenntnis angesichts des Neumodischen macht Emil im Titel «Ich chume nümme noche». Flug-Physik gibts wie einst «Im Verkehrshus», wobei die Firma nun einen neuen Namen hat: «Swiss», weil «s ‹Air› hed me gstreche wägem Omwältschotz».
Man begegnet wunderschönen Reminiszenzen aus der Emil-Kabarettgeschichte, etwa in «Hardy», wo der gleichnamige Sohnemann mit entsprechenden Emissionen Töffs in der Wohnung flickt. In «Rennfahrer Hugi» dreht einer wieder ganz gemütliche Velorunden. Und neu radelt er mit E-Bike und Blink-Helm.
Beim neuen Emil taucht eine «Costa Rigozzi» immer wieder auf, weil sie halt berühmt ist, und die Kult-TV-Reklame von «Fischer Bettwaren – Au-Wädenswil» hat es auch schon auf die Bühne geschafft. Emil gibt Gastro-Tipps und empfiehlt nicht zuletzt «d’Schlüüfere» im Nirgendwo. Apropos Gastro: Emil kennt das Wort «Veganese» (für Veganer), und in der legendären Kiosk-Nummer ist Platz für Aktualisierung. Das geht so: Das Legal-Kiffen-Zeitalter ist ja angebrochen. Wo früher im Kiosk hinten eine ganze Wand mit «tödlich» auf allen Zigarettenpäckchen warnte, heisse es jetzt wegen des Cannabis-Angebots überall «Gras» auf den Päckchen. Wenn man «Gras» rückwärts lese, komme es aber am Ende auf das Gleiche hinaus …
Nicht nur nostalgisch gesehen macht diese Bühnenprogramm-DVD grossen Spass. Immer wieder überrascht, wie aufmerksam gegenüber jüngsten Auswüchsen Emil Steinberger ist und wie er bei Bedarf dezent austeilen kann. Volle 152 Minuten Emil pur ist «Alles Emil, oder?!», das nach «No einisch» das zweite Comeback-Programm ist. Es wurde im Oktober 2019 im Theater Fauteuil Basel aufgezeichnet. Das Bonusmaterial bringt zusätzlich zu den 30 Nummern vier Kurznummern, wie er sie jeweils im Zugaben-Teil nach einem Stichwort improvisiert hat.
DVD
Emil
Alles Emil, oder?!
DVD, 161 Minuten
(Edition E/Tudor 2020)
TV-Tipp
Kassettenliebe
Mit Emil Steinberger
Fr, 10.4., 18.30 SRF zwei