Lange wurden ihre Songs als stumpfsinnig verspottet und ihre Texte als sexistisch oder gar satanistisch kritisiert. Doch AC/DC liessen sich nie beirren und wichen während einem halben Jahrhundert kein bisschen von ihrer Vision von Starkstrom-Rock ’n’ Roll ab.
Mittlerweile sind die australischen Hardrocker mit ihrem reduzierten Stil zu lebenden Legenden geworden. Klassiker wie «Highway to Hell» oder «Thunderstruck» bringen heute Kinder, Eltern und Grosseltern zum Singen und Headbangen.
Nachdem die Band mit ihrem 17. Studioalbum «Power Up» von 2020 zunächst pandemiebedingt nicht auf Tournee gehen konnte, wird dies nun nachgeholt. In Zürich ist am 29. Juni gerade das Letzigrund-Stadion gross genug für das gigantische Spektakel.
Auch zwei neue Bücher widmen sich der Geschichte der Hardrockband. Das Wichtigste fasst der Musikjournalist Frank Schäfer auf 100 kurzweiligen Seiten zusammen. Einen starken Fokus legt er auf die frühen Jahre um den Sänger Bon Scott, der den Rocker geradezu archetypisch verkörperte.
Der Frauenheld, Trinker und Draufgänger gab immer Vollgas. In einer rauschhaften Nacht verlor er sein Leben, als AC/DC gerade auf dem Weg zum Durchbruch war. Der charismatische Frontmann wurde ersetzt, und mit Brian Johnson nahm die Band «Back in Black» auf, das erfolgreichste Rockalbum aller Zeiten.
Unersetzlich ist schliesslich keiner
Dass auch vermeintlich unersetzliche Kollegen ersetzt werden, ist ein Muster der Bandgeschichte, wie Schäfer mit Missbehagen festhält. Sogar als Malcom Young, der Gründer und Kopf der Band, der auf der Bühne stets im Hintergrund stand und seine trockenen Riffs in die Gitarre hämmerte, erkrankte, machte sein Bruder Angus weiter. Eigentlich war einmal ausgemacht worden: Kein AC/DC ohne beide Young-Brüder.
Schäfer ist Fan, aber kein unkritischer. Und so prangert er auch die sexistischen und «grenzdebilen» Texte an, die mit jedem Jahrzehnt deplatzierter wirkten.
Als Kenner erweist er sich in seinen Beschreibungen des stilbildenden Gitarrenspiels der Brüder Young: «Malcoms unnachahmliche ‹Ghost Notes›, seine mit dem Handballen abgedämpften Rhythmusschlenker, füllen die Lücken, während Angus mit perkussiv gespielten Power Chords Akzente setzt.»
Wer zum Musikhören etwas fürs Auge sucht, ist mit dem Bildband «50 Jahre AC/DC» von Martin Popoff gut bedient. Eindrücklich ist hier dokumentiert, wie die Männer aus der australischen Arbeiterschicht auf der Bühne während Jahrzehnten Abend für Abend bis ans Äusserste ihrer Kräfte gingen. «It’s a Long Way to the Top, If You Wanna Rock ’n’ Roll», hiess es schon in einem Song von 1975.
Angus Young als einzige personelle Konstante
Und nicht zuletzt sticht beim Blättern ins Auge, dass bis zum Schluss der Bandgeschichte nur eine einzige personelle Konstante bleibt. Das letzte Gründungsmitglied ist der quirlige Leadgitarrist Angus Young, ohne den AC/DC nun definitiv undenkbar wäre. In seiner Schuluniform hüpft er wie besessen über die Bühne, während er seine rasanten bluesgetränkten Gitarrensolos spielt. Nach 50 Jahren, nun mit schlohweissem Haar, hält er die Füsse ein wenig stiller, doch die Finger auf dem Griffbrett kein bisschen.
Bücher
Frank Schäfer
AC/DC
100 Seiten
(Reclam 2024)
Martin Popoff
50 Jahre AC/DC
194 Seiten
(Hannibal 2023)