Sie stammen aus dem ländlichen Yonkers und machen sich auf ins mondäne New York. Dort finden sich Cornelius und Barnaby unvermittelt in einem Hutladen wieder und machen der Besitzerin und ihrer Angestellten schöne Augen. Doch da taucht Horace Vandergelder auf, der über eine Heiratsvermittlerin um die Hand der verwitweten Landenbesitzerin anhalten will. Dumm für Cornelius und Barnaby, denn Vandergelder ist ihr Chef, der sie noch immer in Yonkers wähnt.
«Das ist eine der schwierigsten Szenen überhaupt», sagt Josef Ernst Köpplinger, der das 1964 uraufgeführte Erfolgsmusical am Theater St. Gallen auf die Bühne bringt. «‹Hello, Dolly!› von Jerry Herman und Michael Stewart ist eine typische Screwball-Comedy, die sich durch Wortwitz, Situationskomik und rasches Tempo auszeichnet», sagt er. All dies ist auch in der Szene im Hutladen gefordert, die sich auf der Probebühne herauskristallisiert. Getragen wird sie vom munteren Esprit der Jungdarsteller Jörn-Felix Alt und Hermann Bedke als Cornelius und Barnaby, die einen schönen Kontrast bilden zum gravitätischen Walter Andreas Müller (als Horace Vandergelder) und zur lebenserfahrenen Dagmar Hellberg (als Heiratsvermittlerin).
Walter Andreas Müller, von allen nur WAM genannt, steht nicht zum ersten Mal auf der St. Galler Bühne. «Hello, Dolly!» ist seine sechste Produktion hier – und etwas Besonderes: «In Horace Vandergelder spiele ich für einmal keine lustige Figur, sondern den grantigen, unsympathischen Geizhals», sagt er. «Das macht Spass!» Viel hänge von WAM ab, sagt Theaterdirektor Werner Signer. «Nachdem wir für die Hauptrollen Dagmar Hellberg und Walter Andreas Müller gewinnen konnten, war rasch klar, dass wir es machen wollen.»
«Sweeney Todd» mit aktueller Botschaft
Bekannt geworden ist «Hello, Dolly!» nicht zuletzt durch einen Film, in dem Barbra Streisand 1969 unter der Regie von Gene Kelly die Titelrolle verkörperte. Auch im Fall von «Sweeney Todd» ist es ein Film, der die Wahrnehmung zuerst prägt. Tim Burton hat das 1979 von Stephen Sondheim komponierte Musical 2007 mit Johnny Depp verfilmt. Er hat in der Geschichte um den Barbier, der aus der Verbannung zurückkehrt und sich für erlittenes Unrecht mit dem Rasiermesser rächt, ziemlich viel Blut fliessen lassen. Die anfallenden Leichen entsorgt Mrs. Lovett, die Pastetenbäckerin in der Etage unter Sweeney Todds Salon, indem sie sie zu köstlichen Pasteten verarbeitet. Zu dieser makabren Handlung hat Sondheim, wie er selber sagte, Musik «für einen Horrorfilm» komponiert.
«‹Sweeney Todd› klingt fantastisch», sagt Opernhaus-Intendant Andreas Homoki, der damit sein erstes Musical an diesem Haus inszeniert. Auf allzu viel Blut will er dabei nicht setzen: «Es ist ja trotz allem eine Komödie.» Für angemessen unheimliche Atmosphäre sorgt allein schon der walisische Bassbariton Bryn Terfel mit seiner Stimme von schwärzester Farbe und einer Darstellungskraft, die er etwa als Titelfigur von Richard Wagners «Der fliegende Holländer» unter Beweis gestellt hat. Er ist an der Seite von Angelika Kirchschlager als Mrs. Lovett zu sehen. «Ich hatte grossen Respekt vor dem Stück, weil viele Szenenwechsel zu bewältigen sind – was im Film leichter fällt als auf der Bühne», sagt Homoki. «Andererseits passt ‹Sweeney Todd› mit dem Chor, der eine wichtige Rolle spielt, und den starken Soloszenen gut auf eine Opernbühne.»
Andreas Homoki hat das Stück in Berlin als Intendant an der Komischen Oper schon einmal produziert. «Es ist durch und durch ein Theaterstück», sagt er. Und es hat eine Botschaft für die Gegenwart: «Denn in unserer entwickelten Gesellschaft laufen wir Gefahr, zu Kannibalen zu werden in einem System, in dem der Einzelne immer weniger zählt und es nur noch aufs Ökonomische ankommt.»
Sweeney Todd
Premiere: So, 9.12., 19.00
Opernhaus Zürich
Hello, Dolly!
Premiere: Sa, 15.12., 19.30
Theater St. Gallen
Ticketverlosung «Hello, Dolly!»
6 Fragen an Werner Signer, Direktor Theater St. Gallen
«Es sind viele oberflächliche Musicals produziert worden»
kulturtipp: Werner Signer, Sie sind Direktor des Theaters St. Gallen und produzieren dort seit vielen Jahren Musicals. Erleben wir gerade eine Musical-Hochkonjunktur?
Werner Signer: Vor einigen Jahren hat es einen richtigen Boom gegeben, da haben auch viele kommerzielle Veranstalter aufs Musical gesetzt. Doch der Markt hat in der Zwischenzeit für eine Bereinigung gesorgt.
Warum?
Es sind viele oberflächliche Musicals produziert worden. Aus den Songs jedes Popstars musste um jeden Preis noch ein Musical gemacht werden, eingebettet oft in eine ziemlich dünne Handlung.
Worauf kommt es denn an bei einem guten Musical?
Es braucht zuallererst ein gutes Buch, dessen Geschichte und dessen Figuren die Menschen berühren. Dann müssen wir zweitens den Komponisten haben, der die richtige Tonsprache für das Thema findet.
Das Opernhaus Zürich bringt mit «Sweeney Todd» ein ziemlich düsteres Musical auf die Bühne. Sind auch solche Themen musicaltauglich?
Absolut. Wir haben zum Beispiel im Herbst 2000 mit «Kuss der Spinnenfrau» ein Musical herausgebracht, in dessen Zentrum ein Homosexueller steht, der in einem südamerikanischen Gefängnis sitzt. Auch das Erfolgsmusical «Les Misérables», das wir sieben Jahre später machten, erzählt eine ziemlich dunkle Geschichte.
Gibt es ein typisches Publikum?
Ganz generell gesagt: Nehmen Sie das klassische, vorwiegend weibliche Theaterpublikum und zählen Sie 20 Jahre ab. Das heisst: Vor allem junge Frauen lassen sich vom Musical begeistern.
Welche Rolle spielt der Tanz?
Das hängt vom Stück ab. Wir unterscheiden Story- und Tanzmusicals. Im Tanzmusical treibt der Tanz die Handlung voran, im Storymusical macht der Tanz im dramaturgisch richtigen Moment einen Bruch. Interview: Rolf App
Musicals in der Schweiz
Miss Saigon Bis So, 13.1., Theater 11 Zürich
Sister Act Bis So, 27.1., Le Théâtre im Gersag Emmen LU
Schellen-Ursli Sa, 8.12., 11.00 & 14.00 Bernhard Theater Zürich
Do, 27.12., 11.00 Casinotheater Winterthur
Weitere Daten: www.kindermusical.ch
Ein Käfig voller Narren
Premiere: Fr, 14.12., 19.30 Theater Basel
Footloose Premiere: Do, 3.1., 20.00 Kursaal Bern Anschliessend Schweiz-Tournee
Die grosse Andrew Lloyd Webber Musical Gala So, 20.1., 18.30 Theater Spirgarten Zürich
Di, 22.1., 19.30 Theater National Bern
Sa, 9.2., 19.30 KKL Luzern
So, 10.2., 18.30 Musical Theater Basel
Dirty Dancing Premiere: Di, 22.1., 19.30 Theater 11 Zürich
Cats Premiere: Di, 12.2., 19.30 Theater 11 Zürich
Saturday Night Fever So, 24.2., 18.00 Theater Spirgarten Zürich
Mo, 25.2., 19.30 Theater National Bern
Beat it – Das Michael-Jackson-Musical Di/Mi, 26.2./27.2., 20.00 Halle 622 Zürich Oerlikon
So, 21.4., 20.00 Musical Theater Basel
Mamma Mia! Premiere: Di, 12.3., 19.30 Theater 11 Zürich
Premiere: Di, 2.4., 19.30 Musical Theater Basel
America First Do/Fr, 21.3./22.3., 19.30 Theater Winterthur ZH
Jesus Christ Superstar Premiere: Mi, 27.3., 19.30 Le Théâtre im Gersag Emmen LU
Soy de Cuba Mi, 17.4. 19.30 Musical Theater Basel
Do, 18.4. 19.30 Theater 11 Zürich