Im Dezember 1883 sehnte sich Claude Monet nach der winterlichen Milde des Südens. Auf Einladung seines Künstlerfreundes Pierre-Auguste Renoir reiste er an die französische Riviera nach Monaco. Monet war so begeistert vom südlichen Licht, dass er im folgenden Januar auf eigene Faust erneut in diese Richtung fuhr. Dieses Mal wählte er die italienische Ortschaft Bordighera als Ziel, gleich an der italienischen Grenze. Monet blieb zehn Wochen dort – weg von seiner zweiten Frau Alice und den zahlreichen Kindern. Er malte 35 Werke; darunter ist dieser fast voyeuristische Blick von der ligurischen Höhe hinunter auf das Städtchen am Meer. Monets Begeisterung ist verständlich: Ein Botaniker zählte dort immerhin 12 000 Palmen sowie 36 000 Zitronen- und Orangenbäume.
Farben in all ihren Schattierungen
Monet liess sich nicht als einziger nach dem Sehnsuchtsort Bordighera locken. Auch der englische Schriftsteller Charles Dickens etwa war von dem romantischen Flecken entzückt – weniger wegen der Zitronen, eher wegen des Weins.
Das Gemälde «Vue de Bordighera» ist in der neuen Ausstellung mit Werken von Claude Monet (1840–1926) in der Basler Fondation Beyeler zu sehen. Der Künstler erfasste wie kaum ein anderer das Spiel des Lichts und liess sich bei seiner Arbeit davon so sehr beeindrucken, dass er als Repräsentant des Impressionismus schlechthin gilt. Die Schau dokumentiert Monets künstlerische Entwicklung von der frühen Zeit des Impressionismus bis zu seinem späteren Werk nach den 1880er-Jahren, in dem er neue, eigenständige Wege suchte. Der Impressionist Monet hatte seine beste Zeit, als er sich von den Impressionisten lossagte.
Monet war zeitlebens ein Kämpfer, er musste für seine Kunst leiden. Denn dieser Gestalter hatte stets um seine Anerkennung zu ringen. Immer wieder wurden seine Eingaben abgelehnt, Bilder zu zeigen – etwa im Pariser Salon. Laufend quälten ihn Geldsorgen, aber er war von seiner künstlerischen Mission so überzeugt, dass er sich nicht einschüchtern liess.
Der junge Monet wuchs in der bürgerlichen Welt des Kolonialhandels von Le Havre auf, in dem seine Familie tätig war. Die Mutter verstarb früh, der Vater hatte nur wenig Verständnis für den künstlerischen Enthusiasmus des Sohnes, unterstützte ihn aber finanziell, wenn auch bescheiden. So fehlte dem Jugendlichen etwa das Geld, sich vom Militärdienst zu dispensieren. Monet kam in die Kavallerie nach Algerien, wo er an Typhus erkrankte. Erst eine Tante kaufte ihn später vom Dienst frei.
Nach und nach treten Förderer ins Leben
Mit 22 Jahren kam der entscheidende, künstlerische Schritt: Claude Monet wurde ins Pariser Atelier des Schweizer Malers und Lehrers Charles Gleyre aufgenommen. Hier fand der ehrgeizige Maler die Inspiration für seine weitere Laufbahn in der Auseinandersetzung mit Künstlern wie Pierre-Auguste Renoir, Alfred Sisley oder Frédéric Bazille. Drei Jahre später, 1866, malte Monet sein monumentales Werk «Frühstück im Grünen» für den Salon. Zeigen konnte er es nicht, aber das Bild veränderte sein Leben dennoch: Die wohlsituierte Camille Doncieux sass Modell, sie wurde seine erste Frau. Die Mitgift ihres Vaters linderte die finanzielle Misere des Paars eine Weile. Schon mit 32 Jahren verstarb Doncieux an den Folgen eines Krebsleidens.
Bei allen materiellen Schwierigkeiten hatte Monet immer wieder Förderer. Der konservative Kunsthändler Paul Durand-Ruel erkannte als einer der ersten Monets Genialität. Mehr noch: Er spürte, dass sich dessen Kunst auf dem wachsenden Markt des emanzipierten Bürgertums verkaufen liess. Auch der Kaufhausbesitzer Ernest Hoschedé war von Monets Arbeiten fasziniert, Hoschedés Gemahlin Alice wurde Monets zweite Frau.
Giverny als Wohnsitz eines Reisenden
Ende des 19. Jahrhunderts verbesserte sich die finanzielle Lage des Künstlers markant: 1890 kaufte er das von der Familie bewohnte Haus in Giverny in der Normandie, wo er seinen legendären Garten angelegt hatte, der heute noch zum Lustwandeln einlädt.
Immer wieder sammelte Monet auf seinen Reisen Eindrücke, die er künstlerisch umsetzen konnte. Um die Jahrhundertwende hielt er sich in London auf; er war damals endlich ein gefragter Maler, der die Preise seiner Bilder weitgehend selber bestimmen konnte. 1903 entstand das Gemälde «Charing Cross Bridge», ein Gemälde, das an die Lichttechniken von William Turner erinnerte, der Monet zeitlebens prägte. Die heutige Eisenbahnbrücke wurde zuerst nur von Fussgängern genutzt und erst später so umgebaut, wie Monet sie malte. Seit 15 Jahren erinnert sie mit modernen Verstrebungen wieder an die alte Hängebrücke von einst. Auf Monets Bild ist dieser Bau zu erahnen, auch die Themse erscheint dem Betrachter mehr als Andeutung denn als Gewässer. Der alles durchdringende Nebel überträgt sich auf den Betrachter – er spürt das Geheimnisvolle dieser Wintertage vor mehr als hundert Jahren.
Der Meister erfährt Kultstatus
Heute hat Monet Kultstatus; er gehört zum Pop-Kanon der Kunst – mit unzähligen Reproduktionen auf Postern oder Kalendern. Seine Bilder erzielen an Auktionen Fantasiepreise. 81,4 Millionen Franken kostete das Bild «Meule» vor zwei Monaten an einer Auktion von Christie’s in New York. Das Werk gehört zu einer Serie von Heuschoberbildern, die Monet in Giverny malte. Es ist müssig, darüber zu rätseln, ob solche Preise gerechtfertigt sind. Claude Monet jedenfalls würde beifällig nicken, wenn er davon erfahren hätte. Der Mann wusste immer um den wahren Wert seiner Kunst.
Monet
So, 22.1.–So, 28.5.
Fondation Beyeler Riehen BS
Ermässigte SBB RailAway-Kombis für die Ausstellung «Monet» in der Fondation Beyeler erhalten Sie am Bahnhof oder beim Rail Service 0900 300 300 (CHF 1.19/Min. vom Schweizer Festnetz) sowie online auf www.sbb.ch/monet