Soeben ist sie nach einem Dreh für die Dokserie «Hin und weg» zurück aus Kairo – nach dem Corona-Jahr ihre erste Reise ins Ausland. Von ägyptischen 28 Grad ist sie wieder in schweizerischen Minustemperaturen gelandet. «Ich mag die Kontraste», lacht Mona Vetsch beim Zoom-Interview in die Kamera. Und das gilt auf allen Ebenen. Für die Sendung «Mona mittendrin» weiss sie im Vorfeld nie, wo es hingeht: So landet sie in der Psychiatrie, auf der Geissalp oder im Asylzentrum. Mit Feingefühl und Humor nähert sie sich den Menschen an und lässt sich deren Geschichten erzählen. Dabei verschlägt es sogar der redegewandten Mona mal die Sprache. Doch vor dem Scheitern fürchtet sie sich nicht: «Man muss auch sagen können, wenn man unsicher ist. Häufig entstehen genau dann die guten Momente im Gespräch, wenn man die eigenen Unzulänglichkeiten zugibt.»
In Corona-Zeiten ist eine Annäherung besonders schwierig: «Wie kann man ‹mittendrin› sein mit einem Sicherheitsabstand?», fragt sie sich oft. «Wir müssen andere Produktionsformen suchen, um eine Nähe herstellen zu können.» In der aktuellen Sendung besucht sie ein Impfzentrum und spricht mit Menschen, die sich freiwillig engagieren.
Der Mensch steht auch im Podcast «Rückspiegel» im Mittelpunkt, in dem Vetsch aus dem SRF-Archiv markante Auftritte herausgepickt hat: etwa die junge Frau, die sich 1978 vor dem TV-Publikum als lesbisch outete, oder der Klimaforscher, der schon vor 30 Jahren vor der Erderwärmung warnte. «Das waren Leute, die im Gegenwind standen, weil sie Machtstrukturen hinterfragten.» Mit diesen Wegbereiterinnen hat sie sich unterhalten und sie gefragt: Wo stehen wir heute? «Das SRF-Archiv ist eine wahre Schatzkiste – auch im gesellschaftspolitischen Sinne», ist Vetsch überzeugt und schwärmt: «Das ist Service public im reinsten Sinne, indem wir Schlüsselmomente der Geschichte einordnen und Zeitzeugen befragen.» Apropos Service public: Mit welchen Gefühlen blickt sie der geplanten «digitalen Zukunft» der SRG entgegen? «Diese Unsicherheit fordert uns alle extrem. Wir müssen uns neu darüber verständigen, mit welchen Formen und auf welchen Medien wir unsere Geschichten erzählen», sagt sie und beruft sich augenzwinkernd auf den Liedermacher Stahlberger mit seinem Song «Jedä Scheiss isch ä Chance».
Ihre erfrischende Bodenständigkeit und «fadegradi» Art entstammen ihrer Kindheit. Die Thurgauer Bauerntochter ist ihren eigenen Weg gegangen, wurde zum Punk und zur Politologin und hat sich in den 90ern als rebellische TV- und Radio-Moderatorin einen Namen gemacht. Heute lebt sie mit ihrem Mann und drei Jungs in Zürich und findet – zu ihrer eigenen Überraschung – zurück zu den Wurzeln. Ihr nächstes Projekt: einen Hühnerstall im Garten bauen.
Podcast
Rückspiegel
www.srf.ch/audio
TV
Mona mittendrin – Im Impfzentrum
Mi, 3.3., 21.00 SRF 1
Mona Vetschs Kulturtipps
Buch
Simone Meier: Reiz (Kein & Aber 2021)
«Simone Meier ist eine begnadete Autorin, die den Zeitgeist abbildet. Sie beschreibt Menschen ganz ohne Klischees. Und Humor hat sie auch!»
Hörbuch
George R.R. Martin: Game of Thrones – Das Lied von Eis und Feuer (audible)
«Eingelesen von Reinhard Kuhnert – für mich das Hohelied des Fantasy-Hörbuchs. Wie komplex die Figuren sind, zeigt sich im Hörbuch noch viel mehr als in der Kultserie.»
Youtube-Format
Bleisch & Bossart
«Barbara Bleisch und Yves Bossart holen die Philosophie aus dem Elfenbeinturm in den Alltag. Und sie beweisen: Man kann auch auf digitalem Weg vertiefte Inhalte bringen.»