Lässig sitzt Heinz Margot als Paartherapeut Harald in seinem Behandlungszimmer: «Sehr schön. Ich würde vorschlagen …» Weiter kommt er nicht – schon fällt ihm die frustrierte Ehefrau Joana (Marie-Louise Hauser) ins Wort: «Ich will noch was dazu sagen.» Von da an lässt sie ihren Mann Valentin (Martin M. Hahnemann) und den Psychologen kaum zu Wort kommen. Im Stück «Die Wunderübung» nach dem Roman des österreichischen Bestseller-Autors Daniel Glattauer beginnt das Ehepaar Dorek eine Paartherapie, da ihre Ehe den Tiefpunkt erreicht hat – eine konfliktreiche Sitzung ist vorprogrammiert.
«Irgendwann hat es zu kribbeln begonnen. Ich bekam wieder Lust, auf der Bühne zu stehen», erzählt Heinz Margot vor den Proben. Die Bühne sei das gewesen, was er während seiner zehnjährigen Theaterpause in den Bergen mit der Zeit vermisst habe. Von 2002 bis 2011 lebte Margot in Zermatt, wo er mehrere Restaurants führte. Vor vier Jahren kehrte er nach Basel zurück. In der Theaterfalle des Gundeli-Quartiers feierte der Schauspieler 2013 als Geschäftsmann Heiner Galliker mit der Produktion «Im Wilden Westen» sein erfolgreiches Comeback.
Kontrollverlust
Während der Theaterprobe zum aktuellen Stück ist sein Elan spürbar. «Ich spiele einen Therapeuten, der professionell arbeitet. Er ist engagiert, erfolgreich und etwas eitel. Sein Ehrgeiz ist angestachelt, da er ernsthaft bemüht ist, bei den Doreks etwas Positives zu bewirken», charakterisiert er seine Figur.
Die Schauspieler sitzen in einem fiktiven Boxring. In der Mitte hängen vier schwarz-weisse Bojen von der Decke herab. «Das Bühnenbild erzeugt Stimmungsbilder. Es wird vom Boxring zur Wohlfühloase oder zum Wasser, das einem bis zum Hals steht», sagt Regisseurin Sarah Gärtner.
Die Stimmung ist bedrückend. Als Joana beginnt, auf ihrem Mann herumzuhacken, holt der Therapeut Stift und Notizblock hervor und beginnt, die Situation zu analysieren. Anspannung und Zorn stehen dem Ehepaar ins Gesicht geschrieben. Joana ist der Meinung, dass Valentin die Probleme ihrer Beziehung nicht erkennt. Da mischt sich Valentin erstmals ein – und zwar heftig. Als sich die beiden kampfeslustig nähern, schreckt der Therapeut auf. Er versucht, die Kontrahenten erfolglos zu beruhigen: «Gut gut. Wir sollten dann aber wirklich …» Er wirkt nun hilflos und überfordert – die Situation entgleitet ihm zunehmend.
Paartherapie färbt ab
Die Therapeutenrolle berührt den Schauspieler mit der tiefen, warmen Stimme: Sie hat sogar Einfluss auf sein Privatleben. «Das Stück hat eine therapeutische Wirkung auf mich. Seit ich mich mit dem Therapeuten Harald befasse, glaube ich, mit meiner Partnerin behutsamer umzugehen. Es ist irgendwie schräg. Ich bin sanfter und verständnisvoller geworden», sagt Margot. Das Stück rege dazu an, eigene Verhaltens- und Beziehungsmuster zu reflektieren.
Beim Probenbesuch hat der Streit zwischen dem Ehepaar derweil den Höhepunkt erreicht. Joana und Valentin tänzeln mit geballten Fäusten um die Bojen herum – wie bei einem Boxkampf. Weitere Versuche des Therapeuten, die Eskalation zu verhindern, sind gescheitert.
Er hat in der Zwischenzeit seine Überzeugungskraft verloren und ist mit den Nerven am Ende. Kurz bevor die Doreks handgreiflich werden, kann er sich endlich durchsetzen. Wütend schreit er: «Rollentausch!» Als im Hintergrund die typischen Pausenglocken eines Boxkampfs ertönen, unterbricht das Ehepaar den Streit. Die nächste Übung zur Rettung des Eheglücks steht bevor.
Fünf Fragen an Heinz Margot
«Ein Lokal ist wie eine Bühne, auf der man jeden Tag auftritt»
kulturtipp: Wie haben Sie es ohne das Theater ausgehalten?
Heinz Margot: Interessanterweise ist die Gastronomie, die in meiner zehnjährigen Schauspielpause mein Hauptstandbein war, artverwandt mit dem Theater. Das Lokal ist wie eine Bühne, auf der man jeden Tag vor Publikum auftritt. Deshalb hat mir die Theaterbühne zu Beginn nicht gefehlt.
War der Wiedereinstieg schwierig?
Nein, eigentlich nicht. Ich hatte grosse Lust, wieder schauspielerisch aktiv zu sein. Und ich wusste, dass ich nicht dort weitermachen möchte, wo ich aufgehört hatte. Vor meiner Auszeit war ich wegen der vielen Theater-Tourneen ständig auf Achse. Diesen Stress will ich nicht mehr.
Was ist die grösste Herausforderung an Ihrer aktuellen Rolle?
«Die Wunderübung» beinhaltet eine enorme Menge an Text. Da es ein Dreipersonen-Stück ist, habe ich beim Spielen keine Auszeiten. Ich bin deshalb nicht nur permanent mit der eigenen Rolle beschäftigt,
sondern auch immer mit den beiden anderen.
Wie stellen Sie sich Ihr Theaterengagement künftig vor?
Momentan habe ich andere Projekte nebenbei, bin aber sukzessive dran, diese abzubauen. Ich möchte Platz schaffen, um vermehrt wieder Theater spielen zu können. Es könnte auch wieder Richtung Kabarett gehen.
Könnten Sie sich vorstellen, einmal in einem Film mitzuwirken?
Das ist das Einzige, das mir fehlt in meinem Schauspielerleben. Ich durfte zwar schon in vielen Fernsehproduktionen mitwirken, jedoch noch in keinem Kinofilm. Das würde mich schon reizen.
Buch
Daniel Glattauer
«Die Wunderübung»
110 Seiten
(Deuticke im Zsolnay Verlag 2014).
Theater
Die Wunderübung
Premiere: Sa, 7.3., 19.30 Theaterfalle Basel
Weitere Infos: www.theaterfalle.ch